Kommentar | Donnerstag der 2. Adventswoche | Jes 41,13-20

MITTAGSGEBET | Donnerstag | 10.12.20

Lesung aus dem Buch Jesaja (41, 13-20)

13Ich bin der Herr, dein Gott, der deine rechte Hand ergreift und der zu dir sagt: Fürchte dich nicht, ich werde dir helfen.

14Fürchte dich nicht, du armer Wurm Jakob, du Würmlein Israel! Ich selber werde dir helfen - Spruch des Herrn. Der Heilige Israels löst dich aus.

15Zu einem Dreschschlitten mache ich dich, zu einem neuen Schlitten mit vielen Schneiden. Berge wirst du dreschen und sie zermalmen, und Hügel machst du zu Spreu.

16Du worfelst sie, und es verweht sie der Wind, es zerstreut sie der Sturm. Du aber jubelst über den Herrn, du rühmst dich des Heiligen Israels.

17Die Elenden und Armen suchen Wasser, doch es ist keines da; ihre Zunge vertrocknet vor Durst. Ich, der Herr, will sie erhören, ich, der Gott Israels, verlasse sie nicht.

18Auf den kahlen Hügeln lasse ich Ströme hervorbrechen und Quellen inmitten der Täler. Ich mache die Wüste zum Teich und das ausgetrocknete Land zur Oase.

19In der Wüste pflanze ich Zedern, Akazien, Ölbäume und Myrten. In der Steppe setze ich Zypressen, Platanen und auch Eschen.

20Dann werden alle sehen und erkennen, begreifen und verstehen, dass die Hand des Herrn das alles gemacht hat, dass der Heilige Israels es erschaffen hat.

KOMMENTAR (Sr. Pamela FMJ)

Manchmal könnte man meinen, dass Gott stottert. Nicht auf Deutsch, nein, das macht nur der fremdsprachige Lektor. Aber wenn man den heutigen Text in seinem Original auf Hebräisch anschaut, könnte die Frage der Göttlichen Aussprache hochkommen. Fürchte dich nicht, ich, ich werde dir helfen… Ich, ich selber werde dir helfen… ich, der Herr, bin dein Gott… ich, der Herr, will sie erhören… Du, du jubelst über den Herrn. Warum diese Betonung? Warum diese Beharrlichkeit?

Man stottert, wenn die wichtigen Ideen schneller kommen als die Kapazität unseres Verstands, sie in Sprach-fertigen Einheiten zu organisieren. Abgesehen davon könnten wir uns vielleicht fragen, ob das Problem des Stotterns nicht eher bei uns liegt, in unserer Kapazität, die Sprache des anderen zu verstehen. Manchmal ist es so, dass wir wichtige Sachen immer wieder kaum wahrnehmen.

Bei der Wiederholung merken wir, dass Gott uns etwas Wichtiges sagen will: „Dann werden alle sehen und erkennen, bergreifen und verstehen, dass die Hand des Herrn das alles gemacht hat“ hören wir zum Schluss der Lesung. Die Bilder, die sehr oft im Ersten Testament vorkommen, dass die Wüste und das Bergland zu einem fruchtbaren und bewohnbaren Land werden, könnten zum Herzen der Israeliten sprechen, scheinen aber nicht richtig anzukommen. Es stockt in der Überlieferungskette. Gott bleibt bei seinen lebenspendenden Verheißungen und das Volk, verzweifelt, in seinem Ödland.

Gott möchte uns, durch das wiederholte „Ich“ sagen, wer er ist, aber nicht nur theoretisch, im Allgemeinen, sondern wer er für uns ist: Du, aber du jubelst über den Herrn, so weckt er uns aus unserem trostlosen Schlaf. Denn es gibt Grund zu jubeln, wenn wir erfahren, was Gott für uns machen will. Wenn jemand „Ich“ sagt, ist es auch eine Einladung, sich zu positionieren, sich zu fragen, wo ich stehe. Eine Einladung, in eine Beziehung einzutreten. Wenn Gott ich sagt und mich anspricht mit einem liebenden Du, darf auch ich „ich“ sagen und zu Gott „du“ sagen. Aber nur wenn ich es will. Hier stammelt man manchmal vor lauter Unsicherheit, damals Israel und heute noch wir. Denn nur wir können vertrauensvoll antworten auf Gottes Ruf und seine Verheißungen.

Er kennt uns, wie er Israel kennt, er weiß, welcher Baum wohin gehört, welches Land dringend Wasser braucht und er sieht die Armen mit ihren ausgetrockneten Zungen. Er sieht auch unsere heutigen Ängste, krank zu werden, unsere Fragen, wohin unsere Welt geht. Er kennt unsere Suche nach Frieden, nach einem Impfstoff, nach Lösungen für die Umweltkrise. Und er weiß, wie wesentlich Vertrauen ist, um ungeahnte Kreativität, Kräfte und Einsichten zu wecken.

In einer Zeit in der das Vertrauen auf die Probe gestellt wird, weil alles, was uns sonst Halt gibt, uns fallen zu lassen scheint: Regierung, Kirche, Medizin, manchmal auch die eigene Familie, Eltern oder Partner, kommt uns Gott heute entgegen mit offenen Händen und legt die Karten auf den Tisch: so bin ich… was sagst jetzt Du? Der Heilige Israels will Vieles erschaffen, aber nicht ohne uns und unser vertrauensvolles Ja. Denn er ist gekommen, so dass die Ohren der Hörenden aufhorchen und die Zunge der Stammelnden fließend und deutlich reden.