Kommentar | Donnerstag der 25. Wo. im JK | Koh 1,2-11

MITTAGSGEBET | Donnerstag | 24.09.20

Lesung aus dem Buch Kohelet

2Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch.

3Welchen Vorteil hat der Mensch von all seinem Besitz, für den er sich anstrengt unter der Sonne?

4Eine Generation geht, eine andere kommt. Die Erde steht in Ewigkeit.

5Die Sonne, die aufging und wieder unterging, atemlos jagt sie zurück an den Ort, wo sie wieder aufgeht.

6Er weht nach Süden, dreht nach Norden, dreht, dreht, weht, der Wind. Weil er sich immerzu dreht, kehrt er zurück, der Wind.

7Alle Flüsse fließen ins Meer, das Meer wird nicht voll. Zu dem Ort, wo die Flüsse entspringen, kehren sie zurück, um wieder zu entspringen.

8Alle Dinge sind rastlos tätig, kein Mensch kann alles ausdrücken, nie wird ein Auge satt, wenn es beobachtet, nie wird ein Ohr vom Hören voll.

9Was geschehen ist, wird wieder geschehen, was man getan hat, wird man wieder tun: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.

10Zwar gibt es bisweilen ein Ding, von dem es heißt: Sieh dir das an, das ist etwas Neues - aber auch das gab es schon in den Zeiten, die vor uns gewesen sind.

11Nur gibt es keine Erinnerung an die Früheren, und auch an die Späteren, die erst kommen werden, auch an sie wird es keine Erinnerung geben bei denen, die noch später kommen werden.

Kommentar

„auch ich habe einmal geglaubt, dass ich das Glück auf der Erde gefunden hatte. Ich war gesund, stark, die Leute meinten es gut mit mir und ich prahlte; aber als ich den Herrn im Geist kennengelernt habe, ist mir alles Glück dieser Welt wie ein Windhauch erschienen.“ Es ist nicht mehr Kohelet, der so spricht, sondern ein russicher Mönch des Berges Athos am Anfang des 20. Jahrhunderts, an den die Kirche heute denkt: der Heilige Silouane, ein leidenschaftlicher Mann aus einfachen Verhältnissen, der sich durch das Gebet hat verwandeln lassen. Wie eine Antwort auf die Stimme Kohelets, die in der Mitte unserer Bibel nur zu dieser fast verzweifelten bitteren Feststellung gelanget zu sein scheint: der Tod ist nicht nur im Moment unseres letzten Atemzuges da, sondern er ist schon im jungen Mann angelegt, der noch voller Kraft und Hoffnung ist, angelegt und wartet darauf seine Macht zu entfalten. Kohelet bringt in seiner wunderbaren poetischen Sprache diese Diskrepanz zum Ausdruck zwischen dem Lebenstrieb der Welt, die immer weitergeht, und dem Leben des Einzelnen, der unerbittlich für den Tod bestimmt ist.

Trotzdem ist der Horizont Kohelets nicht nur trübsinnig. Einige Lichtstrahlen schimmern durch: die Beziehung zum Schöpfer und der einzige Wert, der das Leben vor der Bitterkeit retten kann: der Glaube an Gott, der alles lenkt.

Als Christus am Kreuz gestorben ist, könnte noch dieses Gedicht erklingen: als die silberne Schnur, die goldene Schale brach, als der Sohn Gottes den Atem seinem Vater zurückgab, als die Macht des Todes am stärksten zu sein schien, ist ausgerechnet da die Auferstehung aufgeblüht.

Es ist dieser Glaube, der den heiligen Silouane aus der Verzweiflung vor seiner Endlichkeit retten konnte. „ich bin alt und der Tod ist nahe“ schreibt er weiter, „ich bete dafür, dass alle Menschen Gott erkennen, um die Freiheit in Ihm finden zu können“ „ denn die Freiheit existiert nur, wo es keinen Tod gibt, und da, wo das ewige Leben ist, das heißt in Gott“. Auf seine Fürsprache hin werden seine Hoffnung und sein Glaube, die unseren.