Kommentar | Do. der 4. Wo. im Jahreskreis | Hebr. 12,18...24

MITTAGSGEBET | Donnerstag | 04.02.21

Lesung aus dem Hebräerbrief (12,18...24)

Schwestern und Brüder!

18Ihr seid nicht zu einem sichtbaren, lodernden Feuer hingetreten, zu dunklen Wolken, zu Finsternis und Sturmwind,

19zum Klang der Posaunen und zum Schall der Worte, bei denen die Hörer flehten, diese Stimme solle nicht weiter zu ihnen reden;

21Ja, so furchtbar war die Erscheinung, dass Mose rief: Ich bin voll Angst und Schrecken.

22Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hingetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung

23und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind; zu Gott, dem Richter aller, zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten,

24zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus, und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels.

KOMMENTAR (Sr. Sarah-Marie FMJ)

Mein Alltag als Lehrerin in Distanz kennt einen neuen Satz, der wohl den meisten von uns mittlerweile sehr vertraut ist:

Der Raum ist vorbereitet, Sie können jetzt beitreten.

Dann folgt ab und an noch ein Echotest fürs Mikrofon, die Kamera ist auf Wunsch freizugeben, und schon kann die Sitzung beginnen, die Kommunikation steht, wir sind beigetreten.

Hinzutreten ist nun das Wort, das der Autor des Hebräerbriefs uns heute an die Hand gibt und uns auch gleich zur Anfrage werden lässt:

wozu seid ihr denn hinzugetreten? Dabei ist er sich schon sicher. Nicht hinzugetreten sind wir zum Berg Sinai des alten Bundes, wo Dunkel und Sturmwind das Bemühen beschreiben, sich Gott zu nähern. Trotz des Herantretens bleibt die Trennung, und auch Erleichterung wird spürbar, wenn der direkte Kontakt doch lieber Mose überlassen wird. Hatte Gott doch selbst gesagt: niemand kann mich sehen ohne zu sterben.

Dazu also nicht, sondern zum Berg Zion, dem himmlischen Jerusalem, der Stadt des lebendigen Gottes.

Eine offene Stadt soll es sein, wo jeder beheimatet ist, Himmel und Erde sich treffen, wo Gott einer unter vielen zu sein scheint, dem hier zu begegnen ist, durchaus als Richter, doch in der Festversammlung. Dazu sollten wir doch gerne hinzutreten wollen!

Doch wenn wir durch unseren christlichen Glauben genau zu dieser Verbundenheit eingeladen sind, zum Leben aus Gottes

Liebe und Barmherzigkeit, seiner Nähe gewiss, so bleibt ebenso die Erfahrung, dass in der Welt und oft im eigenen Leben statt offenem Horizont auch Finsternis und Sturmwind aufziehen. Auch das Glaubensleben ist davon nicht frei, im Erleben einer Gottesferne, einer Distanz, die sogar gewollt sein kann, im Zweifel, ob nicht doch Gott als Richter mehr präsent ist als seine Barmherzigkeit und liebende Gegenwart.

So wird mir die klare Feststellung des Hebräerbriefs heute zur Anfrage, welches Gottesbild mein Leben prägt und prägen soll. Ja, Gott ist Richter, ihm verdanken wir unser Leben und werden es auch wieder in seine Hände legen. Doch in Gegenwart Jesu Christi, Mittler des neuen Bundes, der uns durch seinen Weg den Weg geöffnet hat, auch jetzt und jeden Tag neu, zu jeder Zeit und in jeder Lage in Kontakt zu kommen mit Gottes Nähe, die in unser Leben hineinreicht, es schon längst durchwirkt.

Der Raum ist vorbereitet.

Bleibt dennoch aktiv zuzustimmen, ihm auch beizutreten, in Kontakt kommen zu wollen, allen Störelementen zum Trotz.

Analogien mögen nicht immer treffend sein, doch nichts hindert mich, dass mich jeder Weg zu einem digitalen Treffen daran erinnern darf, dass ich immer auch eingeladen bin, dem unbegrenzten Raum der Nähe Gottes beizutreten, der meinem Leben hier seine Ausrichtung, seine Tiefe und seinen Halt geben will.

Und sollte ich doch mal wieder nur schwarz sehen und aus dem Raum fliegen, hindert mich eben auch nichts daran, ihm immer wieder neu beizutreten.

Denn der Raum ist vorbereitet und steht mir offen, ohne Zeitbegrenzung, ja, für alle Ewigkeit.