Kommentar am Hochfest der Erscheinung des Herrn |
Jes 60, 1–6
MITTAGSGEBET | DONNERSTAG | 06.01.22
Lesung aus dem Buch Jesaja 60,1-6
1Steh auf, werde licht, Jerusalem, denn es kommt dein Licht und die Herrlichkeit des Herrn geht strahlend auf über dir. 2Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht strahlend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir. 3Nationen wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz. 4Erhebe deine Augen ringsum und sieh: Sie alle versammeln sich, kommen zu dir. Deine Söhne kommen von fern, deine Töchter werden auf der Hüfte sicher getragen. 5Da wirst du schauen und strahlen, dein Herz wird erbeben und sich weiten. Denn die Fülle des Meeres wendet sich dir zu, der Reichtum der Nationen kommt zu dir. 6Eine Menge von Kamelen bedeckt dich, Hengste aus Midian und Efa. Aus Saba kommen sie alle, Gold und Weihrauch bringen sie und verkünden die Ruhmestaten des Herrn.
KOMMENTAR (Sr. Sarah-Marie FMJ)
Licht, strahlender Glanz, Könige, Gold, Weihrauch: wer könnte bei diesen Worten aus der gerade gehörten Lesung nicht direkt an den heutigen Festtag denken, Erscheinung des Herrn, oder im Volksmund auch Fest der Hl. drei Könige? Die drei gehören fest zu unseren Krippendarstellungen, überhaupt zählt diese Erzählung aus dem Matthäusevangelium zu einer der biblischen Stellen, die bis auf den heutigen Tag kreativ weitergetragen werden.
Die heiligen drei Könige erweisen sich als sehr anpassungsfähig! Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sie sich von fremden Weisen zu namentlich bekannten Königen, drei an der Zahl, wandelten ihre Herkunft und Hautfarbe und auch ihr Alter. Sie wurden ungezählt dargestellt in Mosaiken, Kirchenfenstern und in besonderer Variationsbreite in den Krippendarstellungen. Gerade dadurch kommt das Wesen ihres Daseins an der Krippe beredt zum Ausdruck: hier ist wirklich Platz für jede und jeden,
gerade auch für die, die von fern kommen. In der Sprache der Bibel für alle, die nicht von Geburt an zum auserwählten Volk Gottes gehörten; für uns heute für alle von den vielschichtigen Rändern dieser Zeit, den Rändern der Gesellschaft, der Kulturen, der Lebensweisen, von überallher, wo sich die Frage stellt: gehörst du wirklich dazu?
Die Weisen an der Krippe legen ein klares Zeugnis ab: jeder kann dem Stern folgen, kann sich der Führung von oben anvertrauen. So sind sie anschlussfähig für die Suchenden aller Zeiten, ganz gleich, woher sie kommen, wie alt sie sind, wo sie im Leben stehen. Alle verbindet dieses eine: sie haben einen Stern, ein Leuchten gesehen, sie haben sich davon anfragen lassen und sind aufgebrochen.
Was finden sie nun? Ein kleines Kind. Und durch den Aufbau der Erzählung wird deutlich: dieses Kind ist mehr, ist wirklich der erwartete Messias. Denn zu ihm kommen, wie verheißen, alle Völker, und ihre Gaben machen deutlich: er ist wirklich König! Als Christen dürfen wir beim Hören auf die heutige Lesung hinzufügen: wenn hier der Herr strahlend aufgeht, seine Herrlichkeit erscheint, dann heißt das für uns: Gott selbst ist da, in diesem Kind. Wir dürfen zu Recht im Menschen Jesus Gott finden.
Dieses Finden nun wird mit den Weisen allen angeboten –
umso besser, dass uns die biblische Erzählung gar nicht auf eine Anzahl festlegt. Nutzen wir den Platz und schließen wir uns ihnen einfach an! Lassen wir uns von ihrer Freude über das Finden anstecken. Betrachten wir dieses Kind in der Krippe. So, wie es mir möglich ist, was es für mich sein möchte, wie unser Gott mir hier und heute nahe kommen darf. Um ihm dann die je eigene Herzensgabe zu bringen, das, was ich ihm an diesem 6. Januar 2022 schenken möchte als persönliche Antwort auf das, was ich in ihm finde.
Nach diesem Verweilen bleibt noch, auch dem Ruf der heutigen Lesung zu folgen: steh auf, werde licht! Nimm dieses tiefe Wissen von Gottes Erscheinen in dir mit hinein in deinen Tag, in dein Lebensumfeld, und werde so selbst anschlussfähig für alle, die wie du auf der Suche sind. Lass sie ein Leuchten erspüren, das auch ihnen zuruft: Komm zum Licht!