Kommentar | Erste Vesper zum 24. So. im JK | Ex 32,7-11.13-14

ERSTE VESPER ZUM SONNTAG AM VORABEND SAMSTAG | 10.09.22

Lesung aus dem Buch Exodus Ex 32,7-11.13-14


KOMMENTAR (Sr. Katharina FMJ)

In der Lesung des morgigen Sonntags begegnen uns zwei Phänomene,

die sich ergänzen und die uns einladen, einmal selbst über diese Bewegungen und unsere Beziehungen zueinander und zu Gott nachzudenken:

Zum einen ist da die Abhängigkeit: Abhängigkeit ist ein starres Verhältnis,

wo wenig Leben und Entwicklung möglich ist.

Und dem gegenüber: eine dynamische Folge von Abwendung – Hinwendung – und Zuwendung, die voller Lebendigkeit ist.

Eine kurze Zusammenschau: da ist Gott, der sein Volk erwählt hat, der es aus der Knechtschaft Ägyptens befreit hat, der sich gerade eben nach 40 Tagen und Nächten dem Anführer Mose auf dem Berg Sinai offenbart hat und ihm die 10 Gebote auf Steintafeln als Wegweisung für das Volk übergeben hatte. Und im selben Augenblick sieht er auf sein Volk und erstarrt: „Ich habe dieses Volk gesehen und siehe, es ist ein hartnäckiges Volk.“ Am Anfang des Buches Exodus – als das Volk in Ägyptens Knechtschaft war, hatte er auf „die Not seines Volkes geschaut.“ Ein zugewandter Gott erfährt Abwendung.

Jetzt lass mich! Ja quasi: Lass mich in Ruhe! – Welch eine Reaktion!

Das sind starke Worte Gottes, starke Gefühle - ein kleiner Wutausbruch im Gespräch mit dem Anführer Mose.

Wir sehen hier wieder einmal: unser Gott, der Gott Israels, hat Gefühle.

Jetzt lass mich – in Ruhe…!

Grund dafür ist die Kehrt-wende seines Volkes. Sie haben sich abgewandt von ihm, von seiner Verheißung, von seinem Leben von seiner Liebe,

weil sie diese nicht mehr sahen und erfuhren, nicht mehr an sie glaubten. Stattdessen haben sie sich ein Goldenes Kalb gegossen – hineinbegeben in eine Abhängigkeit ihrer selbst – mit ihrem eigenen Schmuck haben sie dieses Kalb geschmückt, und ein Kultobjekt zu ihrem Gott gemacht. Ohne Anführer verrennt sich das Volk. Gott verfasst auf dem Berg Sinai sein dauerhaftes Wort an das Volk und statt darauf zu warten wird es müde, leer und macht sich seinen Gott. Abhängigkeiten haben oft so viele Gründe, ein Mangel an Leben, aus Angst, aus dem Bedürfnis nach Sicherheit, das ungut gestillt zu werden sucht und in Machtverhältnissen auch schräg werden kann.

HIER aber schreit Gott auf: es reicht mir! – Und auch da zeigt sich eine Abhängigkeit, aber eine die offen und frei bleibt.

Gott ist hier vom Handeln Mose abhängig, ob er ihn wirklich in Ruhe lässt.

Und er tut es nicht. Er wendet sich nicht ab von seinem Gott. Mose zeigt sich hier in einer großartigen Wendung. Er wird vom Anführer zum Fürbitter.

Er schlägt das Angebot aus, dass Gott mit Mose einen Neuanfang machen will. Er bekommt dieselbe Verheißung, wie einst Abraham sie bekommen hat: „Dich mache ich zu einem großen Volk.“

Nein, Mose wendet sich hin, für sein Volk, und er-innert Gott an seine Heilstat schlechthin: WOZU, zu welchem Sinn & Zweck willst du dein Volk vernichten, dass Du einst befreit hast. Er er-innert ihn an seine Hinwendung und Zuwendung, die er mit zerstören würde, wenn er nun sein Volk vernichte.

Gott hört auf die Fürbitte des Mose, Gott wendet sein Herz um.

Was für ein dynamischer, lebendiger Gott!, der die Abhängigkeit nicht duldet, aber der frei lässt, der selbst Abwendung, Hinwendung und Zuwendung im eigenen Herzen kennt. Der seinen Zorn abwendet und sich in Liebe zuwendet.

Mit offenen Armen wendet er sich SEINEM Volk zu, um des Lebens willen.

Diese Zusage gilt auch uns heute. In einer Zeit, in der soviel Abhängigkeits-verhältnisse in unserer Kirche aufgedeckt und noch so manche zerbrochen werden müssen. Wo viele Menschen sich voller Wut abwenden und doch nur leben wollen. Doch wohin sich wenden? Diese Wende kann nur in eines jeden Herzen geschehen und dann wächst die Freiheit und der Freimut!

Wohin sich wenden?

Ich wende mich zum Gott des Lebens, der herausruft, der frei macht und der diese Freiheit in einer tiefen Bindung besiegelt hat – seiner ewigen Zusage: „Ich bin der ich bin da, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der dich herausgeführt hat, aus der Knechtschaft, aus Unfreiheit, aus Abhängigkeit und Tod! „Geh vor mir her – und sei ganz!“ Wende dich mir zu und du wirst leben!