Kommentar am Fest der heiligen Teresa von Avila |
MITTAGSGEBET | Freitag | 15.10.21
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer
Schwestern und Brüder!
22Wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt.
23Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden.
24Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht?
25Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld.
26So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können.
27Und Gott, der die Herzen erforscht, weiß, was die Absicht des Geistes ist: Er tritt so, wie Gott es will, für die Heiligen ein.
KOMMENTAR | Sr. Edith FMJ
Es ist gut möglich, dass der großen heiligen Teresa von Ávila, die schon als Kind von Abenteuern bei den Mauren träumte, es ist gut möglich, dass ihr dieses türkische Sprichwort gut gefallen hätte:
Noch sind die Nächte schwanger,
und noch kennt keiner den Tag, der bald geboren wird.
Von einer Schwangerschaft, ja, sogar von Geburtswehen spricht auch der Lesungstext aus dem Römerbrief, der für ihr Fest heute ausgewählt wurde.
Da geht es um etwas, das wir alle vielleicht nur allzu gut kennen: die Geburtswehen der Hoffnung, das so schwierige, geduldige Ausdauern in der Suche nach Gott, die manchmal so frustrierende, ehrliche Einsicht: Wir sind auch nicht besser als andere; wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen …
Geburtswehen hatte Teresa selbst auch gut gekannt. Nicht allein die ihres großen Lebenswerkes, die Sorgen und Schwierigkeiten, die ihre verschiedenen Klostergründungen mit sich brachten. Sondern vor allem die Wehen der langen und schwierigen Geburt ihre Seele zu einer immer tieferen Freundschaft mit Gott. Selbst wenn sie nicht, wie etwa Maria Magdalena, von der sie ein Leben lang fasziniert war, die Umkehr von sündhaften Abgründen durchlebte, kannte auch Teresa einen radikalen Abschied von einem zwar korrekten, absolut anständigen ..., aber eben schrecklich langweiligen, mittelmäßigen Leben.
An einem Dezemberabend des Jahres 1554 brach diese ganze Mittelmäßigkeit vor einer Figur des leidenden Christus plötzlich in sich zusammen. Im Angesicht dessen, der uns so sehr geliebt hat, geschah der Durchbruch ihrer Liebe, wurde die Geschichte ihrer Seele auf einmal zur Geschichte einer unendlichen Sehnsucht: „Ich will Gott schauen!“
Von nun an hielt sie nichts mehr auf - weder Müdigkeit noch Krankheit noch fehlende Unterstützung, weder Verleumdung noch Unverstandensein (ein Theologe ihrer Zeit sagte einmal über sie: „Sie sollte besser zu Hause bleiben und weben!“) ...
Mit fest entschlossener Entschiedenheit lebte sie von nun an ganz und gar mit dem, nach dem sie sich jetzt nannte: Teresa von Jesus. Und je tiefer sie sich auf das Leben mit Gott einließ und entdeckte, in wie vielen Wohnungen ihrer Seele der Heilige Geist wie in einer inneren Burg wehte, desto weiter lief sie die Straßen ihrer Gründungen rauf und runter und oft auf dem Rücken eines Maultieres, quer durch ganz Kastilien und Andalusien.
Ihr gesunder Menschenverstand, ihre Menschlichkeit und ihr wunderbarer Humor haben sie nie verlassen. Sie wusste, dass man, wenn man einen Stein 10m weit werfen will, 20m anvisieren muss, also auch in den geistlichen Dingen eine große Sehnsucht haben soll, aber sie wusste ebenso, wie sie einmal geschrieben hat, dass die Seele manchmal einem grasenden Esel ähnelt.
Ihre Unterscheidungskriterien für einen guten Weg des inneren Betens führen daher über eine wirkliche Mystik der Kochtöpfe - zwischen denen der Herr auch nicht abwesend ist. Sie sagt: Es braucht einen guten Appetit. Einen guten Schlaf. Und Geschmack an der Freude!
Schwestern und Brüder,
es mag sein, dass so einiges, was wir gerade – persönlich, in der Kirche oder sonst wo - durchleben, uns manchmal den Schlaf raubt, uns den Geschmack an der Freude nehmen will und wir gar nicht mehr wissen, in welchen inneren oder äußeren Wohnungen wir jetzt Heimat finden können und welcher neue Tag denn da bald geboren werden soll …
Wie wäre es, Teresa einfach mal um ihre geistliche Begleitung zu bitten? Sie würde uns immer wieder daran erinnern, dass in allem, was auch geschieht, der Geist für uns eintritt. Und dass es, wenn wir meinen, überhaupt nicht beten zu können, um nichts anderes geht als das einfache Verweilen bei einem lieben Freund.
Und dann wird sie wird uns diese Worte zusprechen, an denen sie sich selbst festgehalten hat, Worte, die sie eilig auf ein kleines Lesezeichen gekritzelt hatte und die man nach erst ihrem Tod fand:
Nichts soll dich verwirren, nichts dich erschrecken.
Alles geht vorbei. Gott allein bleibt derselbe ... Gott allein genügt.