Kommentar zum Buch Hosea 6,1-6

MITTAGSGEBET | SAMSTAG DER 3. FASTENWOCHE | 21.03.20

Lesung aus dem Buch Hosea 6,1-6

1Kommt, wir kehren zum Herrn zurück! Denn er hat Wunden gerissen, er wird uns auch heilen; er hat verwundet, er wird auch verbinden. 2Nach zwei Tagen gibt er uns das Leben zurück, am dritten Tag richtet er uns wieder auf, und wir leben vor seinem Angesicht. 3Lasst uns streben nach Erkenntnis, nach der Erkenntnis des Herrn. Er kommt so sicher wie das Morgenrot; er kommt zu uns wie der Regen, wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt.

4Was soll ich tun mit dir, Efraim? Was soll ich tun mit dir, Juda? Eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der bald vergeht. 5Darum schlage ich drein durch die Propheten, ich töte sie durch die Worte meines Mundes. Dann leuchtet mein Recht auf wie das Licht. 6Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer.


Kommentar zur Lesung

Es braucht jetzt wohl keine zusätzliche große Lebenserfahrung mehr um zu wissen, wie verwundbar doch das Leben ist.

Wer oder was aber verwundet? Das Leben? Das Schicksal? Ein Virus? Ein Wort? Die anderen oder ich selbst?... Gott?

Mitten in der Fastenzeit, die in diesem Jahr so schwer auf uns allen liegt, geht es heute in der biblischen Lesung um Verwundung und Heilung. Und es geht um Gott und um uns.

Schwierig.

Denn die Sätze, die hier verkündet werden, bürsten unser gängiges Gottesbild zunächst einmal gehörig gegen den Strich: „Der Herr hat Wunden gerissen ... Er schlägt drein durch die Propheten ..., tötet durch die Worte seines Mundes!“

Ist das etwa der „Trost der ganzen Welt“, den wir doch so sehr nötig haben?! Es lohnt sich, genauer hinzuhören.

Nein, hier wird nicht gesagt, dass Gott der Ursprung des Bösen und des Leidens in der Welt ist.

Hier wird auch nicht gesagt, dass der Gott, an den wir glauben, eine perverse Freude hätte an diesem massiven Gefühl der Unsicherheit und der diffusen Angst der Menschen. So einen Gott finden Sie weder im Neuen noch im ganzen Alten Testament - den gibt es schlichtweg nicht!

Aber einen Gott - und das ist jetzt, weil es kaum anders geht, sehr menschlich ausgedrückt -, einen Gott, der sich abquält und leidenschaftlich abmüht, uns aus unseren selbstgebastelten kleinen falschen Sicherheiten - denen wir permanent unsere ganze Energie geopfert haben -, uns aus unserer eigenen Verlorenheit und Orien-tierungslosigkeit herauszuholen, aus all dem, was uns keinen wirk-lichen Halt gibt und oft nur den schönen Schein und die Oberfläche unseres Lebens berührt hat; aus all dem, was uns tief verwundet, weil wir doch unendlich mehr und mehr wert sind als Besitz und Macht und das starke Gefühl, alles im Griff zu haben.

Ja, diese Verwundungen verwundet der Herr, diese Wunden ver-bindet und heilt er; da ist er jetzt – ohne Schutzmaßnahme - ganz nah dran:

... „Liebe will ich, nicht Schlachtopfer,

Gotteserkenntnis statt Brandopfer!“

Schwestern und Brüder,

der Herr „kommt so sicher wie das Morgenrot; … wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt“. Er kommt nicht, um uns eine Pandemie zu erklären; er kommt, um unsere Ängste und Ungesichertheit, unsere innere und äußere Überforderung mit seiner Gegenwart zu erfüllen.

Liebe geht immer: den anderen, uns selbst, der ganzen Welt und … Gott gegenüber.

Für unsere geduldige, liebende Aufmerksamkeit gibt es keine Ausgangssperre.

Halten wir Ihm, Gott, alles hin.

Er weiß um unsere leeren, ausgestreckten Hände.

Und das ist heute sein Wort des Lebens für uns:

„Friede, Friede den Fernen und den Nahen,

ja, ich werde sie heilen, spricht mein Herr“ (Jes 57,19).