Kommentar | Mittwoch der 2. Osterwoche | Apg 5,17-26

MITTAGSGEBET | MITTWOCH | 22.04.20

Lesung aus der Apostelgeschichte (5,17-26)

In jenen Tagen 17erhoben sich voll Eifersucht der Hohepriester und alle, die auf seiner Seite standen, nämlich die Gruppe der Sadduzäer. 18Sie ließen die Apostel verhaften und in das öffentliche Gefängnis werfen. 19Ein Engel des Herrn aber öffnete nachts die Gefängnistore, führte sie heraus und sagte: 20Geht, tretet im Tempel auf, und verkündet dem Volk alle Worte dieses Lebens! 21aSie gehorchten und gingen bei Tagesanbruch in den Tempel und lehrten. 21bWährenddessen kam der Hohepriester mit seinen Begleitern. Sie riefen den Hohen Rat und alle Ältesten der Söhne Israels zusammen; man schickte Boten zum Gefängnis, um die Apostel vorführen zu lassen. 22Die Diener gingen, fanden sie aber nicht im Gefängnis. Sie kehrten zurück und meldeten: 23Wir fanden das Gefängnis sorgfältig verschlossen und die Wachen vor den Toren stehen; als wir aber öffneten, fanden wir niemand darin. 24Der Tempelhauptmann und die Hohenpriester waren ratlos, als sie das hörten, und wussten nicht, was nun werden sollte. 25Da kam jemand und meldete ihnen: Die Männer, die ihr ins Gefängnis geworfen habt, stehen im Tempel und lehren das Volk. 26Da ging der Tempelhauptmann mit seinen Leuten hin und holte sie, allerdings nicht mit Gewalt; denn sie fürchteten, vom Volk gesteinigt zu werden.

Kommentar zur Lesung

„Männer für waghalsige Reise gesucht. Geringe Löhne, extreme Kälte. Monatelange völlige Dunkelheit. Permanente Gefahr, sichere Heimkehr ungewiss. Ehre und Ruhm im Falle eines Erfolgs.“

Wenn ich die Apostelgeschichte lese, denke ich immer an diese Anzeige... In der Kirche der ersten Jahre schien es keine leichte Aufgabe, Apostel zu sein. Waghalsige Reise durch das ganze Mittelmeergebiet, und noch weiter; Geringe Löhne von selbstgemachter Arbeit in schon ausgefüllten Tagen; Extreme Kälte und monatelange völlige Dunkelheit im Exil, auch im Gefängnis, wie wir es gerade gelesen haben; Permanente Gefahr auf den unsicheren Straßen, auf dem Meer wegen Schiffbrüchen, und allezeit wegen Verfolgungen; Sichere Heimkehr ungewiss – und ist eben nur ein Apostel heimgekehrt? Vielmehr haben sie gewaltige Tode in fremden Ländern erlebt… Ehre und Ruhm im Falle eines Erfolgs… hatten sie gegenüber so viel Widerstand überhaupt Erfolg?

„Männer für waghalsige Reise gesucht. Geringe Löhne, extreme Kälte. Monatelange völlige Dunkelheit. Permanente Gefahr, sichere Heimkehr ungewiss. Ehre und Ruhm im Falle eines Erfolgs.“

1901 wurde vom Forschungsreisenden Ernest Shackleton diese Anzeige in der ‚London Times‘ veröffentlicht. 1914 ist die „Imperial Trans-Antarctic Expedition“ mit acht-und-zwanzig Männern aufgebrochen, mit dem Ziel die Antarktis zu durchqueren und den Südpol zu erreichen. Diese Expedition ist gescheitert. Ich bin aber von diesem Scheitern/Misserfolg fasziniert… Nach einem Monat blieb das Schiff im Eis stecken. Dann ist die Besatzung ein Jahr lang oft bei minus dreißig Grad auf einer flachen Eisscholle vier-hundert Kilometer auf dem eiskalten Wässer abgedriftet, dann tausend-drei-hundert Kilometer auf Notschiffen gesegelt, um eine bewohnte Insel zu erreichen – und die letzte Strecke für drei von ihnen war ein einundfünfzig Kilometer langer Lauf, mit fast tausend Metern Höhenunterschied, in sechs-und-dreißig Stunden – ohne Pause – geschafft. Shackleton hat im nachhinein erkundet: „während dieses lange und anstrengende Laufes auf Gebirgen und Gletscher schien es mir oft, dass wir vier und nicht nur drei waren.“

Die Expedition ist gescheitert, aber Shackleton war doch erfolgreich. Der Engel, der ihn geführt hat, hat ihm eine unerwartete Tür geöffnet. Und sein Erfolg besteht in seiner Liebe zu seinen Reisegefährten. Hinter der vom Engel geöffneten Tür war die Hingabe, um das Leben dieser siebenundzwanzig ihm anvertrauten Männer zu retten. Und nicht ein Mann von seiner Besatzung ging verloren. Nach dieser zweijährigen Drangsal sind alle heimgekehrt.

Etwas ähnliches haben die Apostel erlebt, und so ist auch ihr Erfolg: trotz ihrer Drangsale und Tücken hat ein Engel ihnen die Tür geöffnet, die zum Lob und zur Verkündigung der Worte des Lebens führt.

Menschen für waghalsige Reise gesucht. Geringe Löhne, extreme Kälte. Monatelange völlige Dunkelheit. Permanente Gefahr, sichere Heimkehr ungewiss.“ Wir – alle Christen – sind zu dieser Reise eingeladen. Ja, eine Reise zum Gotteskontinent, zur Innerlichkeit, die manchmal waghalsig sein kann, und auch kalt, trocken, dunkel… und ohne Heimkehr, weil die Reise mit Christus eine Reise der Umkehr wird.

Aber im Gegenteil zu Shackletons Anzeige gibt es immer Erfolg: eine Tür wird von einem Engel geöffnet. Welche Tür wissen wir nicht, aber dessen können wir sicher sein. Denn für uns wurde eine Tür auf eine unerwartete Weise vom Engel geöffnet, als der Herr des Lebens seine waghalsige Reise in das Reich des Todes machte und als er in der Kälte und die Dunkelheit des Grabes war. Und hinter der Tür war die Auferstehung! Reisen wir denn, Brüder und Schwestern, auf unseren im-Eis-steckenden-Schiffen, auf unseren abdriftenden Eisschollen und auf unseren Notschiffen. Auf diesen waghalsigen Reisen öffnet der Engel der Auferstehung unerwartet eine Tür … Was sehen Sie dahinter?