Kommentar | Mittwoch der 3. Adventswoche | Jes 45,6...28

MITTAGSGEBET | Donnerstag | 10.12.20

Lesung aus dem Buch Jesaja (45,6b-8.18.21b-25)

6bIch bin der Herr, und sonst niemand.

7Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel, ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil. Ich bin der Herr, der das alles vollbringt.

8Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen! Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, sie lasse Gerechtigkeit sprießen. Ich, der Herr, will es vollbringen.

18Denn so spricht der Herr, der den Himmel erschuf, er ist der Gott, der die Erde geformt und gemacht hat - er ist es, der sie erhält, er hat sie nicht als Wüste geschaffen, er hat sie zum Wohnen gemacht -: Ich bin der Herr, und sonst niemand.

21bEs gibt keinen Gott außer mir; außer mir gibt es keinen gerechten und rettenden Gott.

22Wendet euch mir zu, und lasst euch erretten, ihr Menschen aus den fernsten Ländern der Erde; denn ich bin Gott, und sonst niemand.

23Ich habe bei mir selbst geschworen, und mein Mund hat die Wahrheit gesprochen, es ist ein unwiderrufliches Wort: Vor mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird bei mir schwören:

24Nur beim Herrn - sagt man von mir - gibt es Rettung und Schutz. Beschämt kommen alle zu ihm, die sich ihm widersetzten.

25Alle Nachkommen Israels bekommen ihr Recht und erlangen Ruhm durch den Herrn.

KOMMENTAR (Sr. Edith FMJ)

In klaren Nächten, wenn die Temperatur besonders stark gefallen ist, kommt irgendwann der Punkt, an dem sich die Feuchtigkeit, meist in den frühen Morgenstunden, als Tau auf dem Boden niederschlägt. Wer dann kurz nach Sonnenaufgang schon unterwegs ist, sieht die Welt in Nebel eingetaucht und wie von einem Silberglanz überzogen. Beides täuscht:

Der Nebel ist meist nur ein paar Zentimeter hoch und der Silberglanz löst sich schnell unter der hochsteigenden Sonne auf. Dennoch - was bleibt, ist dieses leicht mulmige und zugleich faszinierende Gefühl, dass uns hier etwas übersteigt, dass wir hier ohn-mächtig vor etwas stehen, von dem wir aber ahnen, dass es dennoch (oder gerade deshalb?) eine Schönheit, einen Sinn und letztlich eine Fruchtbarkeit haben wird.

*

Vermutlich steht uns in diesen vorweihnachtlichen Tagen weniger der Sinn nach Poesie. In unseren Herzen und auf den Straßen unserer Städte glänzt zunächst einmal überhaupt nichts; es scheint, als verdichteten sich vielmehr die Nebelwände der leisen, ängstlichen Unruhe, und auch wenn hier und da ein bisschen Lametta im Wind flattern mag, kann es uns doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns in diesem Jahr die o du fröhliche, o du selige Weihnachtszeit nur schwer über die Lippen geht.

Doch wer sich jetzt, gerade jetzt, die Mühe macht, aufzustehen und hinzuhören, wird eine neue Erfahrung machen können:

Mitten in diese mulmige, stumme Ohnmacht hinein, in der unsere Temperatur einen Tiefpunkt erreicht zu haben scheint, spricht eine Stimme mit unerhörter Klarheit.

Ich bin der Herr, und sonst niemand.

Und, falls wir es überhört oder nicht verstanden hätten, gleich dreimal:

Ich bin der Herr, und sonst niemand.

Nicht eure Ohnmacht ist der Herr, nicht eure Unruhe und leise Angst, auch nicht eure Enttäuschung oder eure ungelösten Fragen, die Macht über euch gewinnen wollen, nein –

Ich bin der Herr, und sonst niemand.

Und jetzt ist Tauwetter angesagt, denn ja, „es gibt die Wunden der Not, aber es gibt auch die Wunder der Not“ (A. Delp):

Denn der Herr selbst, der Gott-mit-uns, reißt die Himmel auf und lässt sie tauen von oben und lässt seine eigene Gerechtigkeit regnen, und so kann die ohnmächtige, stumme Erde unserer Herzen sich auftun und Sein Heil hervorbringen.

Wendet euch mir zu und lasst euch erretten, sagt uns der Herr.

In all euren Nächten, noch bevor die Sonne aufgeht, ist für euch mein Tau schon „ein Tau des Lichts“ (Jes 26,19).