Kommentar | Mittwoch - Hochfest der Geburt Johannes des Täufers|

Jes 49,1-6


MITTAGSGEBET | MITTWOCH | 24.06.20

Lesung aus dem Buch Jesaja

1Hört auf mich, ihr Inseln, merkt auf, ihr Völker in der Ferne! Der Herr hat mich schon im Mutterleib berufen; als ich noch im Schoß meiner Mutter war, hat er meinen Namen genannt. 2Er machte meinen Mund wie ein scharfes Schwert, er verbarg mich im Schatten seiner Hand. Er machte mich zu einem spitzen Pfeil und steckte mich in seinen Köcher. 3Er sagte zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, an dem ich meine Herrlichkeit zeigen will. 4Ich aber sagte: Vergeblich habe ich mich bemüht, habe meine Kraft für Nichtiges und Windhauch vertan. Aber mein Recht liegt beim Herrn und mein Lohn bei meinem Gott. 5Jetzt aber hat der Herr gesprochen, der mich schon im Mutterleib zu seinem Knecht geformt hat, damit ich Jakob zu ihm heimführe und Israel bei ihm versammelt werde. So wurde ich in den Augen des Herrn geehrt und mein Gott war meine Stärke. 6Und er sagte: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, nur um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten und die Verschonten Israels heimzuführen. Ich mache dich zum Licht der Nationen; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht.

Kommentar zur Lesung

In der Mitte des Jahres wird ein Kind geboren.

Kinder sind berufen zu wachsen, zu erstarken!

In der Mitte des Jahres, jetzt, da tatsächlich die Tage unmerklich schon wieder kürzer werden, wird ein Kind geboren, das in der Tat wachsen und dessen Geist erstarken wird (Lk 1,80). Aber das eines Tages von sich selber sagen wird: „Ich muss kleiner werden. Ein anderer muss wachsen.“ (Joh 3,30).

Von Anfang an ist klar: sein Leben steht in größeren Zusammenhängen. Es lebt von diesem Anderen her; es lebt auf diesen Ganz-Anderen hin.

Wie seine Familie trägt auch das Kind einen bedeutungs-schwangeren Namen:

Die Mutter heißt Elisabet - das bedeutet: Gott ist Fülle.

Der Vater heißt Zacharias - das bedeutet: Gott hat sich erinnert.

Das Kind selbst heißt Johannes - das bedeutet: Gott hat sich gnädig erwiesen.

Aus der vollkommenen Fülle der Erinnerung Gottes wird ... die Gnade geboren!

Vom Mutterschoß an war er schon von Ihm bei seinem Namen gerufen und vom Heiligen Geist erfüllt - zu Recht fragen die Leute: „Was wird wohl aus ihm werden?“ (Lk 1,66).

Johannes, der Priestersohn, lebt zum Erstaunen aller zunächst in der Wüste.

Ohne Halt, ohne menschliche oder materielle Sicherheit ist dies der Ort, der die eigene Armut spüren lässt.

Der Ort, an dem Gott der einzige, feste Bezugspunkt bleibt.

Es ist auch der Ort des unverstellten Hinhörens auf das Wort und den Auftrag, den der Herr an ihn richtet.

Und es ist der Ort, an dem das Herz ihm selbst immer schon ein bisschen voraus ist, weil es sich sehnsüchtig nach dem ausstreckt, der kommen und an den es sich in liebendem Glauben binden wird.

Ja, Johannes hat etwas Brennendes, Ansteckendes, etwas unbestechlich Entschiedenes: mitten durch sein Herz, durch sein Wort und seine Antwort hindurch bricht das unerhört Neue in diese Welt ein: der Messias, Christus, dessen noch verborgenes Angesicht Johannes wie eine brennende Lampe erhellt (Joh 5,35).

Das Bild, das ihn am wirklichkeitsgetreuesten darstellt, findet sich wohl auf der byzantinischen Ikonostase: da steht er, im Vis-à-vis mit der Gottesmutter, neben Christus, die Hände zu ihm hingestreckt, als wollte er uns sagen:

Du musst dich irgendwann entscheiden, ob du Jesus folgen oder weiterhin dir selber nachlaufen willst.

Ich aber bezeuge dir: Er ist der Sohn Gottes (Joh 1,34).

In der Mitte des Jahres, inmitten deines Lebens

will er geboren werden und wachsen.

Und genau da beginnt dann auch für dich

die Freude in Fülle (Joh 3,29).