Kommentar | Samstag der 1. Adventswoche | Jes 30,19...26
MITTAGSGEBET | Samstag | 05.12.20
Lesung aus dem Buch Jesaja (30, 19-21.23-26)
19Du Volk auf dem Berg Zion, das in Jerusalem wohnt, du brauchst jetzt nicht mehr zu weinen. Der Herr ist dir gnädig, wenn du um Hilfe schreist; er wird dir antworten, sobald er dich hört.
20Auch wenn dir der Herr bisher nur wenig Brot und nicht genug Wasser gab, so wird er, dein Lehrer, sich nicht mehr verbergen. Deine Augen werden deinen Lehrer sehen,
21deine Ohren werden es hören, wenn er dir nachruft: Hier ist der Weg, auf ihm müsst ihr gehen, auch wenn ihr selbst rechts oder links gehen wolltet.
23Dann spendet er Regen für die Saat, die du auf den Acker gesät hast. Das Korn, das auf dem Acker heranreift, wird üppig und fett sein. Auf weiten Wiesen weidet dein Vieh an jenem Tag.
24Die Rinder und Esel, die dir bei der Feldarbeit helfen, bekommen würziges Futter zu fressen, das man mit Schaufel und Gabel gemischt hat.
25Auf allen hohen Bergen und stattlichen Hügeln gibt es Bäche voll Wasser am Tag des großen Mordens, wenn die Türme einstürzen.
26Zu der Zeit, wenn der Herr die Leiden seines Volkes heilt und seine Wunden verbindet, wird das Licht des Mondes so hell sein wie das Licht der Sonne, und das Licht der Sonne wird siebenmal so stark sein wie das Licht von sieben Tagen.
KOMMENTAR (Sr. Sarah-Franziska FMJ)
„Alles wird gut!“,
so könnten wir diese schönen Worte des Propheten Jesaja zusammenfassen. Er erscheint uns nahezu als „gute-Laune-Prophet“, Optimist durch und durch?
In der Tat könnten wir auf den Gedanken kommen, wenn wir uns nur an das halten, was uns die Liturgie zurzeit schenkt. Nimmt man aber die Bibel zur Hand und schaut zwischen diese Lichtblicke, dann sieht die Welt des Jesajas alles andere als rosig aus, da begegnen uns auf einmal Drohworte und Ermahnungen: Vor Bündnissen mit Ägypten gegen Assur wird gewarnt, falsche Propheten werden angeprangert, vor allem aber das Abwenden des Volkes Israel von seinem Gott wird immer wieder kritisiert: „Weh Euch, die ihr alles verdreht, ist denn der Ton so viel wie der Töpfer?“ (Jes 29,16), ruft Jesaja seinem Volk nur ein Kapitel vorher zu.
In diesem Jahr ist alles anders: ja, es ist Advent, aber es fühlt sich nicht so an: kein Weihnachtsmarkt, keine gemütlichen Feiern, keine Begegnungen mit Freunden am Glühweinstand, kein fröhlicher Gesang von „Macht hoch die Tür“ und „Tochter Zion“, stattdessen: immer öfter Frustration, über die Gesamtsituation und Unsicherheit.
„Alles wird gut!“ – nimmt das die Situation ernst?
Damals hat der Prophet diese Drohworte in die Herrschaft des Assyrischen Reiches hinein gesprochen, das Nordreich war schon zerstört, und auch für Juda sah es alles andere als gut aus: eine hoffnungslose Situation.
Mitten in diese Bedrohung und Jesajas Ermahnungen hinein, tritt, wie aus dem Zusammenhang gerissen, das heutige Heilswort, voller Licht und Glanz. Exegeten gehen davon aus, dass unser heutiger Abschnitt deutlich später eingefügt worden ist: dazwischen lagen mind. 160 Jahre voller Katastrophen: Einnahme Judäas durch Assur, Angriff der Babylonier mit Zerstörung der heiligen Stadt Jerusalem, Exil der jüdischen Oberschicht, schließlich der Sieg der Perser über Babylon, was die vorsichtige Rückkehr ermöglichte.
Und genau aus dieser letzten Zeit der Rückkehr stammen die Zusagen des Heils. Was mag die Redaktoren damals dazu veranlasst haben, sie genau hier einzufügen, sie wussten doch nur zu gut, was danach noch alles geschehen sollte, hatte Jesaja nicht recht?
Doch, aber am Ende war die Erfahrung Israels: „Du Volk auf dem Berg Zion […], du brauchst jetzt nicht mehr zu weinen. Der Herr […] wird dir antworten, sobald er dich hört“ (Jes 30,19).
Vielleicht darf uns das auch heute Mut machen: Die bedrückende Situation ist da, aber die Botschaft Israels ist: Vertrau! Der HERR, Dein GOTT, ruft Dir nach: „Hier ist der Weg, auf ihm müsst ihr gehen“ (Jes 30,21) und „wenn der HERR die Leiden SEINES Volkes heilt […] wird das Licht des Mondes so hell sein wie das Licht der Sonne“ (Jes 30,26).
Der Advent ist Vorbereitung auf das Kommen DESSEN, der später sagen wird: „ICH bin der Weg“ (Joh 14,6) und „ICH bin das Licht der Welt“ (Joh 8,12). Mit IHM, JESUS CHRISTUS, den Weg unseres Lebens gehend und unseren Blick auf SEIN Licht gerichtet, ist uns das Heil zugesagt. Es kommt, klein, im Kind, und bleibt hier auf Erden immer anfanghaft, vorläufig – doch am Ende, ganz am Ende, so unsere christliche Hoffnung, wird es dann doch stimmen:
„Alles wird gut!“