Kommentar | Samstag der 26. Wo im JK | Ijob 42,1...17

MITTAGSGEBET | Samstag | 03.10.20

Lesung aus dem Buch Ijob

1Ijob antwortete dem Herrn und sprach:

2Ich hab‘ erkannt, dass du alles vermagst; kein Vorhaben ist dir verwehrt.

3Wer ist es, der ohne Einsicht den Rat verdunkelt? So habe ich denn im Unverstand geredet über Dinge, die zu wunderbar für mich und unbegreiflich sind.

5Vom Hörensagen nur hatte ich von dir vernommen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.

6Darum widerrufe ich und atme auf, in Staub und Asche.

12Der Herr aber segnete die spätere Lebenszeit Ijobs mehr als seine frühere. Er besaß vierzehntausend Schafe, sechstausend Kamele, tausend Joch Rinder und tausend Esel.

13Auch bekam er sieben Söhne und drei Töchter.

14Die erste nannte er Jemima, die zweite Kezia und die dritte Keren-Happuch.

15Man fand im ganzen Land keine schöneren Frauen als die Töchter Ijobs; ihr Vater gab ihnen Erbbesitz unter ihren Brüdern.

16Ijob lebte danach noch hundertvierzig Jahre; er sah seine Kinder und Kindeskinder, vier Geschlechter.

17Dann starb Ijob, hochbetagt und satt an Lebenstagen.

Kommentar (Sr. Edith FMJ)

Nun ja, vermutlich sind wir ein bisschen überfordert mit dieser Lesung, die uns die Liturgie heute vorlegt ... Mit diesem Text endet das Buch Ijob, und man müsste es ganz gelesen haben, um diese Passage einigermaßen einordnen zu können – das ganze Buch Ijob, das um den leidenden Gerechten kreist, der um sein verlorenes Glück klagt, der seine Unschuld beteuert und dessen Leid seine besserwisserischen Freunde schnell als Strafe für irgendeine verborgen gebliebene Schuld identifizieren.

Dieses Buch, das von Ijob erzählt, der seine Klage vor Gott bringt und der mit Gott ringt. Und dem Gott antwortet mit dem Aufweis seiner unergründlichen, machtvollen Weisheit, die alles menschliche Verstehen übersteigt.

Nun sind wir selbst vielleicht – und Gott sei Dank, aber wer weiß das schon vom Anderen? – nicht so leidgeprüft wie Ijob es war.

Aber auch wir sind in eine Zeit mit nicht enden wollenden Hiobsbotschaften gestellt, mit wieder steigenden Infektionsraten und hinzugekommenen Risikogebieten, und sind es leid, dass auch jetzt nach Monaten das Ende des Tunnels noch nicht abzusehen ist, und kriegen diese unbegreifliche Situation auch für uns persönlich nicht in den Griff und würden auch uns und der ganzen Welt jetzt so einen schönen Schluss wünschen, wie er fast märchenhaft im Buch Ijob erzählt wird: „der Herr segnete seine spätere Lebenszeit mehr als seine frühere … dann starb Ijob hochbetagt und satt an Lebenstagen“. Schnitt, und: Ende gut, alles gut!

Ja: seit den ersten Tagen der Menschheit bis hin zu unserer leidenden Zeit ragt ein großes Fragezeichen von der Erde zum Himmel hinauf:

Warum?

Warum das Leid so vieler Unschuldiger?

Warum, und selbst wenn es nur ein einziger wäre?

Das Buch Ijob, eines der letzten Bücher des Alten Testaments an der Schwelle zum Neuen Bund, zeigt uns einen Menschen im Leid, der akzeptiert, dass Gott immer größer ist als der Mensch, unverstehbar und geheimnisvoll, und der sich ganz diesem Geheimnis anheimgibt und sich ihm, letztlich still vertrauend, überlässt.

Seit aber Gott einer von uns geworden ist, leidensfähig geworden ist und in Jesus wirklich über alle Maßen selbst gelitten hat, wissen wir, dass dies noch nicht das letzte Wort ist.

In seiner Passion hat er uns alles gesagt.

Da hat auch er uns das Leid nicht erklärt.

Da hat er es aber mit seiner Gegenwart erfüllt.

Da hat er dem Bösen, allem Bösen eine definitive Grenze gesetzt: seine barmherzige Nähe.

Seitdem gibt es kein von Leid oder Schuld und Hoffnungslosigkeit verschüttetes Herz mehr, in dem Er nicht auf uns warten würde.

Darum gibt es auch keine Nacht, die keinen Tag mehr verheißen würde, keinen noch so tiefen Abgrund, den er nicht noch einmal umschließen und füllen würde.

Was auch geschehen mag:

Es gibt Gott und die erlösende Macht seiner Liebe.

Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, sagte Ijob (Ijob 19,25).

Und wir? Und ich?

Ich schaue auf Jesus. Ich weiß, an wen ich glaube (2Tim 1,12).