Kommentar | Samstag der 30. Wo im JK | Phil 1,18b-26
MITTAGSGEBET | Samstag | 31.10.20
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper (1,18b-26)
Schwestern und Brüder!
18bAuf jede Weise, ob in unlauterer oder lauterer Absicht, wird Christus verkündigt, und darüber freue ich mich. Aber ich werde mich auch in Zukunft freuen.
19Denn ich weiß: Das wird zu meiner Rettung führen durch euer Gebet und durch die Hilfe des Geistes Jesu Christi.
20Darauf warte und hoffe ich, dass ich in keiner Hinsicht beschämt werde, dass vielmehr Christus in aller Öffentlichkeit - wie immer, so auch jetzt - durch meinen Leib verherrlicht wird, ob ich lebe oder sterbe.
21Denn für mich ist Christus das Leben, und Sterben Gewinn.
22Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbare Arbeit. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht.
23Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein - um wie viel besser wäre das!
24Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe.
25Im Vertrauen darauf weiß ich, dass ich bleiben und bei euch allen ausharren werde, um euch im Glauben zu fördern und zu erfreuen,
26damit ihr euch in Christus Jesus umso mehr meiner rühmen könnt, wenn ich wieder zu euch komme.
Kommentar (Sr. Sarah-Franziska FMJ)
„Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei CHRISTUS zu sein – um wie viel besser wäre das?“ (Phil 1,23)
Mal ganz ehrlich und Hand auf’s Herz: Sind Sie soweit?
Paulus spricht hier ja nicht von einem netten Wochenendausflug, sondern von der letzten großen Reise die uns allen bevorsteht. Noch existentieller wird die Frage, wenn wir uns den Kontext vor Augen führen: Paulus saß im Gefängnis und wartete vermutlich auf seinen Prozess. Ausgang: ungewiss.
Dennoch scheint ihm alles gelegen zu kommen, was auch geschieht, ob er nun stirbt oder weiter am Leben bleibt, in jedem Fall wird CHRISTUS durch ihn verherrlicht. Und das scheint das Einzige zu sein, um das es ihm geht.
Der Tod wird ihm nach allem Eifer zu dem ersehnten Durchgangstor der Begegnung mit CHRISTUS. Dass dies aber auch bedeutet diese Welt ganz hinter sich zu lassen, scheint ihn in keinster Weise zu beeindrucken.
Mich hingegen schon: Paulus Hoffnung teile ich, den Enthusiasmus der uns aus seinem Brief entgegenspringt hingegen nicht ganz… Zu groß sind da wohl noch Zweifel, Fragen und Angst, selbst ohne Gefangenschaft mit ungewissem Ausgang.
Vielleicht aber dürfen wir uns heute von dieser lebendigen CHRISTUS-Beziehung ansprechen und berühren lassen und uns selbst auf die Suche begeben: was trägt mich in meinem Leben, was ist mein letzter Halt? Eine Frage, die doch gerade auch jetzt immer wieder aufbricht, wo wir vielleicht zum erst Mal seit sehr langer Zeit gesamtgesellschaftlich spüren, wie wenig wir die äußeren Umstände, ja das Leben „im Griff haben“.
Und dennoch kann dieser Weg am Ende in die Freude führen, davon legt Paulus hier selbst Zeugnis ab.
All das, was wir hier bei Paulus lesen findet sich auch bei einem anderen der uns Briefe aus seiner Gefangenschaft hinterlassen hat: bei Dietrich Bonhoeffer. Er hat im Gefängnis immer mehr entdeckt, wie ihn das Leid einen Weg in die Freiheit führen kann, den der Tod vollendet. So schreibt er im Juni 1944 aus seiner Zelle in Berlin-Tegel:
„Die Befreiung liegt im Leiden darin, dass man seine Sache ganz aus den eigenen Händen geben und in die Hände Gottes legen darf. In diesem Sinne ist der Tod die Krönung der menschlichen Freiheit.“
Wie Paulus hat auch Dietrich Bonhoeffer gelernt sich ganz auf GOTT zu verlassen, ihm ganz zu vertrauen. Bleiben sie am Leben, dienen sie der Sache JESU, sterben sie, werden sie so für ihn Zeugnis ablegen und IHM selbst begegnen, ja frei sein. Ihr Lebenszeugnis ist uns Zeichen der Hoffnung, ja nahezu der Zuversicht: Der Tod ist Durchgang ins ewige Leben!
Die Frage ist also: Wage ich es heute mich Stück für Stück auf diese Beziehung mit CHRISTUS einzulassen, loszulassen was mich unfrei macht, um dann am Ende ganz aufgefangen zu werden? Erlaube ich IHM, dass ER mein letzter Halt wird?