Kommentar | Sa. der 4. Fastenwoche | Jer 11,18-20

MITTAGSGEBET | Samstag | 20.03.21

Lesung aus dem Buch Jeremia

18Der Herr ließ es mich wissen, und so wusste ich es; damals ließest du mich ihr Treiben durchschauen.

19Ich selbst war wie ein zutrauliches Lamm, das zum Schlachten geführt wird, und ahnte nicht, dass sie gegen mich Böses planten: Wir wollen den Baum im Saft verderben; wir wollen ihn ausrotten aus dem Land der Lebenden, so dass man seinen Namen nicht mehr erwähnt.

20Aber der Herr der Heere richtet gerecht, er prüft Herz und Nieren. Ich werde sehen, wie du Rache an ihnen nimmst; denn dir habe ich meine Sache anvertraut.

Freunde sind ein wahres Geschenk und Jeremia ist einer meiner biblischen Freunde, seine Person fasziniert und zieht an. Vor allem weil er so authentisch ist. Von Anfang an ringt er mit Gott: schon bei seiner Berufung versucht Jeremia ihm auszureden, gerade ihn zu berufen, der ja noch so jung ist. Er bringt zur Sprache was er denkt, und bleibt doch in allem Ringen an Gott dran. Er lässt sich von ihm senden, und diese Sendung hat es in sich: sie fordert ihn ganz, bringt ihm Schmach, Schande, die Menschen trachten ihm nach dem Leben, er wird erleben, dass keiner auf ihn hört, wird die Einnahme Jerusalems durch Nebukadnezar sowie die Zerstörung des Tempels erleben und am Ende in Ägypten, scheinbar gescheitert, verschwinden… aber er kann nicht von diesem Gott lassen: „Sagte ich aber: Ich will nicht mehr an ihn denken, und nicht mehr in seinem Namen sprechen!“, so war es mir, als brenne in meinem Herzen ein Feuer, eingeschlossen in meinem Inneren. Ich quälte mich, es auszuhalten und konnte es nicht. (Jer 20,9). Seine Gottesbeziehung ist höchstpersönlich, voller Offenheit und Ehrlichkeit: Er weiß um Gott und Gott weiß ebenso um ihn.

Wenn nun in der zweiten Hälfte der Fastenzeit die Karwoche schon am Horizont auftaucht, müssen wir bei den Worten Jeremias vom zutraulichen Lamm, das zum Schlachten geführt wird (Jer 11,19) unweigerlich an JESUS denken: ER wird Karfreitag als Lamm GOTTES am Kreuz hängen. In gewisser Weise ist Jeremia dafür Vorausbild. Aber eben in seiner Begrenztheit und in seiner Menschlichkeit. Er ahnt zunächst nicht, dass seine Widersacher Böses gegen ihn planten. Und die Ereignisse lösen Wut und Entsetzen in ihm aus. Er spricht zu GOTT: ich werde sehen, wie DU Rache an ihnen nimmst. Tod und Untergang wünscht er seinen Feinden. Wir kennen diese Sprache aus den Klagepsalmen: Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen. In der Beziehung zu GOTT darf sich auch diese Seite zeigen, es gibt keine Tabus.

JESUS hingegen, das wahre Lamm GOTTES, er weiß um die Absichten und Pläne seiner Feinde. Er zieht nicht nach Jerusalem hinauf ohne Ahnung von dem was auf IHN zukommt, ganz im Gegenteil. Und Er wird den Weg bis ans Kreuz gehen: In Angst, bis hinein in die Gottverlassenheit, aber als Hingabe aus Liebe. Freiwillig nicht gezwungen. Und in diese Bewegung nimmt er die Aufregung des Jeremia mit hinein, nimmt er uns ganz mit hinein.

Müssen wir uns nun mit Jeremia schämen, dass wir uns so aufregen, dass den Feinden der Tod gewünscht wird? Nein! ER ist ER! JESUS war es, der die Kreisläufe von Gewalt und Gegengewalt durchbrochen hat. Tatsächlich sind wir eingeladen IHN in SEINER Hingabe aus Liebe nachzuahmen, doch wie ER sind wir nicht.

Aber mit Jeremia dürfen wir ehrlich vor GOTT sein, mit ihm streiten, diskutieren, ringen. Wir werden dabei nicht gewinnen und Gott von unserer Meinung überzeugen: Jeremia sagt es selbst ein paar Verse später: Du bleibst im Recht Herr, wenn ich mit dir streite, dennoch muss ich mit dir rechten.

Wir dürfen das und wir brauchen es. Aber lösen, ja erlösen, wird uns an Ostern ein anderer. Das Lamm GOTTES, das hinweg nimmt die Sünde der Welt, für Sie, für mich, für uns als Gemeinschaft der Kirche, für das Heil der ganzen Welt. Amen.