Kommentar am Samstag der 24. Woche im Jahreskreis |

Sach 2, 5-9.14-15a

MITTAGSGEBET | SAMSTAG | 25.09.21

Lesung aus dem Buch Sacharja 2, 5-9.14-15a

5Ich blickte hin und sah: Da war ein Mann mit einer Messschnur in der Hand.

6Ich fragte: Wohin gehst du? Er antwortete mir: Ich gehe, um Jerusalem auszumessen und zu sehen, wie breit und wie lang es sein wird.

7Da trat der Engel, der mit mir redete, vor, und ein anderer Engel kam ihm entgegen

8und sagte zu ihm: Lauf und sag dem jungen Mann dort: Jerusalem wird eine offene Stadt sein wegen der vielen Menschen und Tiere, die darin wohnen.

9Ich selbst - Spruch des Herrn - werde für die Stadt ringsum eine Mauer von Feuer sein und in ihrem Innern ihr Ruhm und ihre Ehre.

14Juble und freue dich, Tochter Zion; denn siehe, ich komme und wohne in deiner Mitte - Spruch des Herrn.

15An jenem Tag werden sich viele Völker dem Herrn anschließen, und sie werden mein Volk sein, und ich werde in deiner Mitte wohnen. Dann wirst du erkennen, dass der Herr der Heere mich zu dir gesandt hat.

KOMMENTAR | Sr. Sarah-Franziska FMJ

Vertrauensverlust, leere Kirchen, Frustration, Entfremdung verschiedener Gruppen, eine Kirche, die am Boden zu liegen scheint, gerade auch in unserem Bistum.

Und in diese Wirklichkeit hinein wird uns heute der Prophet Sacharja gestellt.

Ebenso wie Haggai, den wir in den letzten Tagen gelesen haben, spricht Sacharja zu den Bewohnern Jerusalems, zu denjenigen, die langsam aus dem babylonischen Exil zurückkehren und ihre Stadt Jerusalem in Trümmern vorfinden, ebenso wie zu den Zurückgebliebenen. Man ist sich fremd geworden und muss nun neben allem Wiederaufbau auch noch seinen Platz im neuen System finden: persische Fremdherrschaft ist Realität, statt davidischem Königtum.

Da fordern Haggai und Sacharja das Volk auf den Tempel als Ort der Gottesgegenwart wieder aufzubauen, GOTT inmitten ihrer Trennung wieder einen Ort zu geben, IHN in die Mitte zu stellen.

Durch die Vision Sacharjas erahnen wir, dass das Volk Israel bereits an der Stadt arbeitet, sie wird bescheidener werden, aber wenigstens geschützt soll sie sein. Eine große Mauer soll helfen, damit eine solche Katastrophe nicht noch einmal geschieht. Aus Angst versuchen sie wenigstens das zu halten, was ihnen noch bleibt.

Ist nicht auch das ein Bild unserer Kirche? Der Heilige Rest, Retten was noch zu retten ist! Schutzräume, damit nicht alles zusammenbricht, wenigstens bewahren.

Doch dann entgegnet der Engel in der Vision: Jerusalem wird eine offene Stadt sein, ich selbst – Spruch des HERRN – werde in ihrer Mitte sein. GOTT sagt ihr Schutz zu, sagt ihr SEINE Präsenz zu in ihrer Mitte. Doch dessen nicht genug, weiter heißt es, wenn ER in der Mitte ist, werden sich die Völker anschließen. Was ist das anderes als eine Fruchtbarkeit, die sich ausweitet, eben genau aus dieser Mitte heraus.

Ruft uns Sacharja dieses Bild nicht auch heute zu? Riskiert es GOTT in die Mitte zu stellen. Und riskiert es, dass ER Eure Mauer aus Feuer ist, Jerusalem soll eine offene Stadt sein. Bei aller Unterschiedlichkeit der verschiedenen Gruppen, Strömungen in der Kirche, bei den großen Fragen um die so oft zu recht gerungen wird, gilt es da nicht zunächst (wieder) zu entdecken, wie GOTT in der Mitte SEINER heiligen Stadt gegenwärtig ist. Wie er sie schon längst bewohnt? Und wenn Jerusalem am Ende zur Patronin aller Städte wird, ist ER dann nicht auch heute und hier bei uns in Köln zu finden, selbst in dieser Kirche?

Ich möchte Sie einladen nach dieser Mitte Ausschau zu halten, sie zu entdecken, ihr einen Ort, gerade auch in der Kirche zu geben. Vergessen wir nicht, dass für die Christen diese Mitte eine Person, Jesus selbst, ist. Und an jenem Tag, an dem dies gelingt, oder vielleicht besser dort, wo dies gelingt, selbst wenn es nur anfanghaft ist, wird sich die Mitte wie von selbst öffnen und fruchtbar werden, anziehend durch das gelebte Zeugnis und es wird erkennbar: sie sind von IHM gesandt. Vielleicht kann die Weltsynode, die Papst Franziskus anregt, ein solcher Ort werden, wenn sich möglichst viele mit einbringen, vielleicht wird es auch noch ganz andere Wege und Orte geben.

Ich zumindest spüre eine Sehnsucht IHN als die Mitte zwischen mir und dem anderen zu suchen und dann genau da heraus eine Fruchtbarkeit neu oder wieder zu entdecken. Machen Sie mit?