Kommentar am Samstag der 5. Osterwoche |

Apostelgeschichte 16,1-10

MITTAGSGEBET | SAMSTAG | 08.05.21

Lesung aus der Apostelgeschichte (16,1-10)

In jenen Tagen 1kam Paulus auch nach Derbe und nach Lystra. Dort war ein Jünger namens Timotheus, der Sohn einer gläubig gewordenen Jüdin und eines Griechen.

2Er war Paulus von den Brüdern in Lystra und Ikonion empfohlen worden.

3Paulus wollte ihn als Begleiter mitnehmen und ließ ihn mit Rücksicht auf die Juden, die in jenen Gegenden wohnten, beschneiden; denn alle wussten, dass sein Vater ein Grieche war.

4Als sie nun durch die Städte zogen, überbrachten sie ihnen die von den Aposteln und den Ältesten in Jerusalem gefassten Beschlüsse und trugen ihnen auf, sich daran zu halten.

5So wurden die Gemeinden im Glauben gestärkt und wuchsen von Tag zu Tag.

6Weil ihnen aber vom Heiligen Geist verwehrt wurde, das Wort in der Provinz Asien zu verkünden, reisten sie durch Phrygien und das galatische Land.

7Sie zogen an Mysien entlang und versuchten, Bithynien zu erreichen; doch auch das erlaubte ihnen der Geist Jesu nicht.

8So durchwanderten sie Mysien und kamen nach Troas hinab.

9Dort hatte Paulus in der Nacht eine Vision. Ein Mazedonier stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien, und hilf uns!

10Auf diese Vision hin wollten wir sofort nach Mazedonien abfahren; denn wir waren überzeugt, dass uns Gott dazu berufen hatte, dort das Evangelium zu verkünden.

Kommentar | Sr. Edith FMJ

Es ist, ehrlich gesagt, schon ein bisschen verwunderlich. In dieser österlichen Zeit öffnen sich plötzlich 1000 Türen und ungeahnte Wege: Steine vor Todesgräbern werden weggerollt, Gefängnistüren öffnen sich wie von Engelshand. Kranke und Besessene werden geheilt, Ungläubige und Verfolger finden zum Glauben (Apg 14, 27). Die verstreute Herde verkündet die frohe Botschaft in neuen Sprachen, interne Streitigkeiten werden friedlich beigelegt. Das Wort des Herrn verbreitet sich (Apg 13, 49), die Gemeinden wachsen von Tag zu Tag. Und Paulus und seine Begleiter rüsten sich schon zur 2. Missionsreise. Alles wunderbar!

Und jetzt das: Der Geist sagt Nein. Die Reiseroute war schon fest geplant: Klar, man muss in den Städten beginnen, also jetzt Ephesus, das große Zentrum im westlichen Teil Kleinasiens. Von da aus kann dann das Evangelium in die ländlichen Gebiete weitergetragen werden. Man hat ja schließlich schon einige Erfahrung. Die Vorbereitung und Erfolgsaussichten sind gut; die Strategie hat sich bereits bewährt!

Und der Geist sagt Nein.

Gut. Man ist ja flexibel und hat sogar einen Plan B in der Tasche: Dann eben andersherum in Richtung Asien, über Mysien nach Bithynien. Aber es ist nicht zu fassen: Der Heilige Geist macht aus diesmal ein Kreuz drüber. Durchkreuzt einfach die so gut eingestielten Reisepläne. Macht hier die Türen zur Verkündigung erstmal zu.

Man könnte meinen, dass damit ein Schlusspunkt gesetzt ist - die Wege des Herrn sind halt unergründlich! (vgl. Röm 11, 33) -, und das Buch der Apostelgeschichte dann einfach zuklappen. Aber erstaunlicherweise geht die Geschichte noch weiter. Man kann sich unschwer diese kleine Gruppe vorstellen, wie sie etwas verloren durch Phrygien und das galatische Land ihrer Enttäuschung, ihrer Ratlosigkeit und ihres Nicht-Verstehens weiterwanderten. Und doch – und das ist das eigentlich Wunderbare – gab es offenbar tief in ihnen eine Herzensbereitschaft, ein uneingeschränktes, glaubendes, vertrauendes JA zum Heiligen Geist, auch da noch, wo derselbe Geist zu ihren Plänen NEIN sagte. Vielleicht auch gestützt auf diese uralte Verheißung, die Gott seinem Volk einmal durch den Propheten Jesaja sagen ließ: „Deine Ohren werden es hören, wenn er dir nachruft: Hier ist der Weg, auf ihm müsst ihr gehen, auch wenn ihr selbst rechts oder links gehen wolltet“ (Jes 30,21).

So kamen sie nach Troas. Und so hörte Paulus nachts im Traum den Ruf nach Mazedonien. Sie brachen auf, machten sich wieder auf den Weg, und so kam das Evangelium zum ersten Mal nach Europa.

In Ephesus ist Paulus später eine längere Zeit gewesen. Er lag mit seinem ursprünglichen Plan nicht völlig falsch. Aber jetzt war in den Augen Gottes etwas anderes dran.

Schwestern und Brüder,

auf unserem eigenen Glaubensweg dürfen wir damit rechnen, dass der Heilige Geist uns führt. Es ist Zeit, ihm neu zu vertrauen.

Wenn seine Wege nicht immer unsere Wege sind, sind seine Wege immer die besten. Er ist der absolute Menschenfreund; das absolute JA zu uns. Was hindert uns daran, ihn an jedem Morgen wieder neu in unser Leben einzuladen? Ihn vor einer wichtigen Entscheidung, einem unangenehmen Gespräch, in der Sorge um einen lieben Menschen anzurufen? Im Gebet lehrt er uns, ihm unser eigenes Navi zu überlassen. Von Zeit zu Zeit sogar das Lenkrad. Und nicht ständig angstvoll zu bremsen. Wer den Geist Gottes anruft und sich ihm öffnet, wird hineingerissen in sein wunderbares JA zum Leben.