25. Sonntag im Jahreskreis | Lk 10,25-37

Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen. | Lk 16,10

+ Aus dem Evangelium nach Lukas (16,1-13)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

1Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Diesen beschuldigte man bei ihm, er verschleudere sein Vermögen. 2Darauf ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was höre ich über dich? Leg Rechenschaft ab über deine Verwaltung! Denn du kannst nicht länger mein Verwalter sein. 3Da überlegte der Verwalter: Was soll ich jetzt tun, da mein Herr mir die Verwaltung entzieht? Zu schwerer Arbeit tauge ich nicht und zu betteln schäme ich mich. 4Ich weiß, was ich tun werde, damit mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich als Verwalter abgesetzt bin. 5Und er ließ die Schuldner seines Herrn, einen nach dem anderen, zu sich kommen und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? 6Er antwortete: Hundert Fass Öl. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich schnell hin und schreib „fünfzig“! 7Dann fragte er einen andern: Wie viel bist du schuldig? Der antwortete: Hundert Sack Weizen. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib „achtzig“! 8Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte, und sagte: Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes. 9Ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es zu Ende geht! 10Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen. 11Wenn ihr nun im Umgang mit dem ungerechten Mammon nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das wahre Gut anvertrauen? 12Und wenn ihr im Umgang mit dem fremden Gut nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das Eure geben? 13Kein Sklave kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

Predigt (Pfr. Christian Ott)

Liebe Christen,

direkt nach dem liebevollen Vater, der seinen verlorenen Sohn wieder aufnimmt erzählt der Evangelist Lukas ein weiteres Gleichnis. Es schließt sich mit nur einem Wort an: „Und“- gerade so als wollte es die Frage, die im vorigen Gleichnis für die Zuhörenden offen bleibt, beantworten helfen: Ist das wirklich gerecht, sich dem Verlorenen so viel mehr zuzuwenden als dem Treuen? Das ist keine rhetorische Frage. Sie drängt sich all denen auf, die versuchen, ihr Leben ernsthaft nach den Geboten Gottes auszurichten und sich damit mühen. Denn wenn das Ergebnis das Gleiche ist, so könnte man denken, dann kann man es sich ja auch einfacher machen. Wenn Gottes Liebe ohnehin verschwenderisch ist, wozu dann ein Leben führen, was sich an den Vorgaben seiner Ordnung orientiert und sich immer wieder zurücknimmt. Oder anders gesagt: Wird hier nicht das Heilige verschleudert in einer Art Ausverkauf? Diesem Vorwurf sah Jesus sich ausgeliefert seitens der Frommen seiner Zeit. Auf ihn antwortet er mit dem Gleichnis, in dem zunächst einmal auffällt: Der Einsatz ist hier vielfach höher als im vorigen. Ging es eben noch um den halben Hof und um ein Mastkalb, geht es hier um mehrfache Jahreseinkünfte. Ein Verwalter wird beschuldigt, Verschwendung zu treiben. In der griechischen Sprache des Evangeliums erscheint das Wort , was bedeutet, er erfüllt nicht die ihm zugedachte Rolle, alles zusammenzuhalten und zu vermehren – seine Verwaltung bewirkt Zerstreuung und Verschwendung, das ihm anvertraute Vermögen wird weniger. Woran genau das liegt wird nicht gesagt - Missmanagement, so könnte man vermuten, oder vielleicht Selbstbereicherung? Dinge jedenfalls, die wir als Skandal bezeichnen würden. Die Stunde der Rechenschaft gegenüber dem Auftraggeber naht und es ist schon klar, wie das ausgehen wird: Du kannst nicht länger mein Verwalter sein. Arbeitslos wird er werden und wahrscheinlich schwer vermittelbar mit solcher Vorgeschichte. Jetzt aber zeigt sich eine besondere Seite dieses Verwalters: Er überlegt sich eine Strategie, wie er sich des Wohlwollens der anderen versichert und damit seine eigene Existenz rettet. Die Schuldner lässt er kommen und streicht ihre Schulden großzügig. Er sorgt dafür, dass man ihm dankbar sein muss und ihn gastlich aufnehmen wird, indem er genau das tut, was ihm ohnehin bereits vorgeworfen wurde. Wenn man die alten Maße und Zahlenangaben umrechnet, dann beträgt das, was er den Schuldnern streicht z.B. 1320 Liter Olivenöl und etwa fünfeinhalb Tonnen Weizen. Das war zusammen etwa 125.000 Denar wert – von einem Denar konnte man sich selbst und seine Familie einen Tag lang gut ernähren. Und das ist nur das, was er den Ersten beiden der vielen Schuldner seines Herrn erlässt – wenn er das ein paar Mal macht, dann hat er so viel Wohlwollen gesät, dass er bis an das Ende seiner Tage sorgenfrei unterstützt leben kann, ohne dass irgendein Schuldner sich dafür besonders anstrengen müsste. Offenbar hält der unermessliche Reichtum seines Herrn das aus – er wird zwar weniger, aber er erschöpft sich nicht. Eigenartigerweise heißt es dann: „Der Herr lobte den Verwalter der Ungerechtigkeit, weil er klug gehandelt hatte.“ Wer lobt da bitte wen? Man könnte denken, hier würde von Jesus gesprochen, doch der ist ja der Erzähler des Gleichnisses. Tatsächlich lobt der bestohlene Besitzer seinen Verwalter, weil er klug handelt und die wenige verbleibende Zeit so nutzt, dass er ein gutes Ergebnis für sich und seine Zukunft erreicht. Das Handeln dieses Verwalters wird als nachahmenswert dargestellt, weil er seinen Weg nun noch entschlossener weitergeht. Ich glaube, darin beschreibt Jesus sich selbst – ihm ist von Gott anvertraut worden, was Gott den Menschen geben will: Nähe und Zuwendung, Vergebung und Heilung, das gelingende Leben im Sinne des Heils. Man warf ihm seinen Umgang mit den Randexistenzen vor: Seine Zuwendung zu Kranken, seine Gemeinschaft mit Sündern. Den Frommen, Pharisäern und Schriftgelehrten, kam das wie eine Kontaminierung ihrer Glaubensgrundsätze vor, wie ein Schlussverkauf der Religion. „Wenn wir damit anfangen, dann geht doch alles den Bach herunter.“ Wenn man so oder ähnlich spricht, liegt der Blick eben nicht auf dem Einzelnen und seiner Not und seiner Zukunft, sondern auf dem großen Ganzen, der Ordnung und ihrem Erhalt. Für Jesus ist klar, welche Perspektive er einnimmt, er sieht sich selbst im Handeln des ungerechten Verwalters. Er verschleudert Gottes Tora, verschwenderisch und gelassen zugleich, sein Gesetz, damit er bei den Menschen angenommen werden kann. Er verkleinert Schuld und streicht sie weg – weil Gottes Reichtum so unerschöpflich ist. Gott selbst handelt in ihm so. Nach dem Gleichnis kommen einige verallgemeinernde Worte über den Mammon – hier geht es jetzt nicht mehr um göttlichen Reichtum, sondern wirklich um Geld und Besitz. Es klingt wie von einem Weisheitslehrer der damaligen Zeit gesprochen. Beide Abschnitte, das Gleichnis wie auch die abschließenden Worte laden ein zu einer Klugheit, die nicht festhalten will an dem, was man hat. Weder soll man an Traditionen und Normen festhängen noch andere in der Position von Schuldnern belassen, noch an Geld festhalten – stattdessen frei werden und andere frei machen um der Zukunft willen. Großzügig hergeben und einsetzen, was man hat, solange es da ist, mit Blick auf die Zukunft. Das genau war das Leben des Gottessohnes, von Anfang an bis zum Kreuz. Von Frère Roger stammt der Gedanke: „Glücklich, wer es versteht, sich selbst schlicht hinzugeben. Geht Einfachheit mit der Güte des Herzens einher, kann selbst ein ganz mittelloser Mensch um sich herum einen Raum der Hoffnung schaffen.“