3. SONNTAG DER OSTERZEIT | 26.04.2020

SONNTAG DER ERSCHEINUNGEN

ES IST DER HERR! | Joh 21,7

+ Aus dem Evangelium nach Johannes (21,1-14)

In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.

2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.

3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.

4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.

5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.

6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.

7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. 8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot - sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.

9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen.

10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! 11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.

12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. 13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. 14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Predigt (Br. Jean-Tristan)

Warum gibt es noch Nächte nach dem Ostermorgen?

Mit dieser Frage bin ich unterwegs, seitdem ich dieses Evangelium für diese Predigt gelesen haben. Ja, warum gibt es noch solche Nächte, wie diejenigen, die die Apostel auf dem See von Tiberias gerade erlebt haben. Nächte, die voller Hoffnung angefangen haben. Nächte wo man großzügig gearbeitet hat. Die aber mit Bitterkeit und Entmutigung enden. In dieser Nacht fingen sie nichts.

Gehören jene Nächte nicht zur Vergangenheit? Zu der Zeit vor Ostern. Zu der Zeit vor der Auferstehung. Das hat der Evangelist Lukas anscheinend gut verstanden.

Diesen nächtlichen vergeblichen Fischfang stellt er im Gegensatz zu Johannes nicht ans Ende, sondern an den Anfang seines Evangeliums.

Da sie die ganze Nacht gearbeitet haben, und nichts gefangen haben (vgl Lk 5, 5).

Da sie danach auf das Wort Jesu hin ihre Netze ausgeworfen und sie voll mit Fischen wieder eingeholt haben, sind Simon Petrus, Andreas, Johannes und Jakobus voller Bewunderung für dieses Zeichen Jesus nachgefolgt.

Aber das war vor Ostern.

Wo jene Nächte voller Schmerz dazu gehören. Wie die Nacht von Getsemani. Wie die Nacht, die am Karfreitag von der sechsten bis zu der neunten Stunde den Golgota umhüllt hat. Wie die Nacht des Grabes.

Warum gibt es noch Nächte nach dem Ostermorgen?

Auf diese Frage habe ich keine Antwort. Aber ich bin dem Evangelisten Johannes trotzdem dankbar, dass er diese bittere Nacht nach Ostern gestellt hat.

Denn wir leben auch nach Ostern. Und solche Nächte müssen wir auch durchleben.

Nacht des Scheiterns.

Nacht der Krankheit.

Unendliche Nacht der Depression.

Nacht des Pandemiezustandes und der Kontaktsperre.

Aber was ist der Unterschied zu den Nächten vor Ostern?

Erlauben Sie mir ein Bild.

Das Bild der Osternacht.

Ich habe in Deutschland ihre schöne Tradition entdeckt. Sie feiern die Osternacht bis zum Gloria in der Dunkelheit. Der Chor der Kirche steht in der Nacht.

Aber die Dunkelheit ist nicht vollständig. Die kleine Flamme der Osterkerze leuchtet und durchdringt die Finsternis. Ein schönes Bild für das Osterleben.

Das Leben scheint weiter zu gehen, wie früher. Simon Petrus sagt zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Das Leben geht weiter, auch mit seinen Nächten. Aber in allen unseren Nächten leuchtet fortan ein kleines Licht. Das wir nicht immer sehen. Oft brauchen wir eine Hilfe, die uns sagt. Wie bei Simon Petrus.

Es ist der Herr!

Dieses Licht erinnert uns daran, dass wir nicht allein sind in unseren Nächten. Der auferstandene Herr bleibt bei uns die ganze Nacht. Und wartet mit uns auf das Morgengrauen. Dieses Licht, das in unseren nachösterlichen Nächten leuchtet. Ist auch das Licht der Hoffnung.

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass es Sinn hat, egal wie es ausgeht“, hat einmal Vaclav Havel geschrieben.

Diese nachösterliche Nacht, der Fischfang ist unfruchtbar, aber sie hat Sinn. Die Apostel lernen dadurch, dass sie nicht auf ihre eigenen Kräfte zählen sollen.

Sondern allein auf den Herrn. So ist es auch mit unseren eigenen Nächten. In ihnen steckt einen Sinn. Diesen Sinn sollen wir suchen.

Wir sollen in unsere Nächte hinein mit österlichen Augen blicken. Auf der Suche nach dem kleinen Licht, das leuchtet, aber das wir nicht immer sehen.

Wir sollen in unseren Nächten mit österlichen Ohren lauschen. Und auf die vertraute und beruhigende Stimme hören, die uns sagt, wo wir unsere Netze auswerfen sollen.

Wir sollen nicht müde werden und inmitten der Nacht aufgeben. Es lohnt sich durchzuhalten. Denn der Morgen wird kommen. Das ist sicher.

Dann werden wir jemanden am Ufer sehen. Wir werden ihn nicht zu fragen brauchen: Wer bist du? Denn wir werden wissen, dass es der Herr ist. Der auferstandene Herr.

Amen, Halleluja!