7. Ostersonntag | Joh 17,1-11a

Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr seligzupreisen.

2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus 4, 13–16

Schwestern und Brüder!13Freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt; denn so könnt ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln. 14Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr seligzupreisen; denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes, ruht auf euch. 15Wenn einer von euch leiden muss, soll es nicht deswegen sein, weil er ein Mörder oder ein Dieb ist, weil er Böses tut oder sich in fremde Angelegenheiten einmischt. 16Wenn er aber leidet, weil er Christ ist, dann soll er sich nicht schämen, sondern Gott darin verherrlichen.

+ Aus dem Evangelium nach Johannes (17,1-11a)

In jener Zeit 1erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist da. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht. 2Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. 3Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast. 4Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. 5Vater, verherrliche du mich jetzt bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war. 6Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir, und du hast sie mir gegeben, und sie haben an deinem Wort festgehalten. 7Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. 8Denn die Worte, die du mir gegeben hast, gab ich ihnen, und sie haben sie angenommen. Sie haben wirklich erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. 9Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. 10Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. 11aIch bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir.

Predigt (Br. Jean-Tristan)

Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr seligzupreisen.

Dieser Satz aus der heutigen zweiten Lesung hat mich an etwas Schmerzhaftes erinnert. Das war vor neun Jahren. Auf dem Weg nach Madrid zum Weltjugendtag. Wir begleiteten eine Gruppe von jungen Menschen. Wir durchquerten die Pyrenäen zu Fuß. Die Landschaft war herrlich. Die Sonne strahlte. Nach ein paar Stunden Wanderung haben wir die Eucharistie auf einem Berg gefeiert. Einige Rücksäcke wurden gestapelt, um einen provisorischen Altar zu bilden. Die Messe beginnt. Die vierstimmigen Gesänge, begleitet von Gitarre und Flöte sind besonders schön. Alle sind innerlich tief gesammelt. Ein Moment der Gnade. Plötzlich hören wir heftige Schreie hinter uns. Ein Wanderer, ein Franzose, hat sich unserer Gruppe genähert und beschimpft uns. Er platzt vor Wut. Der Zelebrant macht weiter, als ob nichts passierte. Wir sind alle tief geschockt. Dann geht dieser Mann fort, und wir hören deutlich die Stimme seiner Begleiterin. „Was ist mit dir los, sie haben dir nichts getan“. Diese aggressive Haltung war ein Vorgeschmack dessen, was wir bald auf den Straßen von Madrid erleben würden. Was für ein Kontrast zu der sehr warmherzigen Gastfreundschaft bei dem Weltjugendtag in Köln.

Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr seligzupreisen. Nun fügt der Apostel Petrus weiter hinzu: Wenn einer von euch leiden muss, soll es nicht deswegen sein, weil er ein Mörder oder ein Dieb ist, weil er Böses tut… Warum hat dieser Mann uns beschimpft? Wegen des Namens Christi? Oder eher, weil wir für ihn eine Institution von Mördern, Dieben und Menschen, die Böses tun, verkörperten? Das ist die Frage. Wir waren damals nämlich kurz nach der ersten Welle der Aufdeckungen der Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche. Wir sind immer wieder mit unserer zweitausendjährigen Geschichte konfrontiert. Und manche weisen nur auf das Negative darin hin.

Dazu gehört für diese das Verhalten Pius des Zwölften dem Holocaust gegenüber. Als er 1958 starb, wurde er weltweit betrauert. Besonders bei den Juden. Golda Meier, die damalige Außenministerin Israels, hat dabei ausdrücklich betont, wie der Verstorbene tausende von Juden vor einem sicheren Tod gerettet hatte. 1963, nur fünf Jahre später, wurde das Theaterstück „der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth, der in der letzten Woche verstorben ist, zum ersten Mal gespielt. Es ist eine Fiktion, die das Schweigen Pius des Zwölften der Shoah gegenüber scharf anprangert. Der „Stellvertreter“ wurde rasch zu einem weltweiten Erfolgsstück. Von dem ein Erfolgsfilm gedreht wurde. Und mit einem Schlag hat sich das Bild des verstorbenen Papstes ganz und gar umgedreht. Heute glauben die meisten unserer Zeitgenossen fest, dass Papst Pacelli durch sein Schweigen Komplize der Vernichtung von sechs Millionen Juden wurde. Vor kurzem hat Papst Franziskus den Historikern erlaubt, in dem Archiv des Pacelli-Pontifikates zu forschen. So wird man endlich besser verstehen, was er wirklich von dem Holocaust wusste, wie er sich genau für die Juden heimlich eingesetzt hat, warum er geschwiegen hat, und wie er darunter gelitten hat. Aber eines bleibt. Keiner darf ihn richten. Denn wer kann behaupten zu wissen, wie ein blutgieriger Irrer wie Hitler reagiert hätte, wenn der Papst offiziell und im Klartext protestiert hätte? Hätte er sein Vernichtungsprogramm unterbrochen. Oder es dagegen verschärft? Wir werden es nie wissen. Aber was wir wissen ist folgendes. 1942 hat die katholische und protestantische Obrigkeit in den Niederlanden den Mut gehabt, gemeinsam gegen die Deportierung der Juden zu protestieren. Die Nazis haben sofort und mit aller Härte reagiert. Sie haben die Deportierung der Juden beschleunigt. Mehr als 90 % der Juden dieses Landes wurden vernichtet. Der absolute Rekord aller Länder Europas. Darüber hinaus wurden alle zum Christentum konvertiten Juden auch deportiert. Darunter Edith Stein und ihre Schwester Rosa die in einem niederländischen Karmelitinnen- Kloster Zuflucht gefunden hatten. Schmerzhaftes Paradoxon. Edith Stein, die einen Brief an Pius den Zwölften geschrieben hatte, um ihn anzuflehen, sich öffentlich gegen die Deportierung ihres Volkes zu äußern, wurde Opfer einer solchen zwar mutigen, aber leider dramatisch kontraproduktiven Erklärung.

Ja, Schwestern und Brüder. Machen wir uns keine Illusionen. Man wird uns immer wieder mit unserer langen und komplizierten Geschichte konfrontieren. Manchmal beneide ich die Freikirchen. Eines Tages kommen sie zur Welt durch das Wirken irgendeines charismatischen Pastors. Und ein paar Jahre später verschwinden sie plötzlich, ohne Spuren zu hinterlassen. Sie haben keine Geschichte. Ihre Mitglieder müssen sich nicht für die Kreuzzüge, die Inquisition oder die Shoah rechtfertigen. Aber ist es wirklich ein Glück? Es ist gut, Wurzeln zu haben. Es ist gut zu wissen, woher wir kommen. Unsere Geschichte ist sowieso immer da. Wir können sie nicht verleugnen. Man kann nicht von Null an beginnen. Darüber hinaus hat die Geschichte unserer Kirche auch ihre Lichtseiten. Es gibt das, was sichtbar ist. Denken wir an die zahlreichen sozialen und caritativen Einrichtungen, die unsere Kirche im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Und es gibt auch das Unsichtbare. All das Gute, das Gott allein sieht, das im Verborgenen getan wurde, ohne Lärm, ohne Spuren in der Weltgeschichte.

Nein, unsere Kirche kann sich nicht von ihrer langen Geschichte lösen. Sie kann nicht die Makel ihrer Vergangenheit einfach wegradieren. Aber sie kann zu jeder Zeit in das Obergemach hinaufgehen, wie die Apostel und die Frauen in der ersten Lesung aus der Apostelgeschichte. Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen. heißt es. Alle sind da, keiner wird ausgeschlossen. Mit den Frauen, Frauen und Männer sind gleich. Einmütig, sie sind eins, und sie beten. In der Erwartung des Heiligen Geistes. Und der Heilige Geist ist gekommen, hat ihnen seine Kraft gegeben und sie in die ganze Welt gesandt.

Schwestern und Brüder, wir dürfen nicht am Wirken Gottes in unserer Kirche zweifeln. Denn wir wissen, dass Er die Tür des Obergemachs für seine Kirchen immer offen hält. Wir wissen um die Makel ihrer Geschichte. Wir werden weiter darunter leiden. Aber wir wissen auch um die Lichtmomente ihrer Geschichte, wo sie den Mut gehabt hat, als alles verloren aussah, in das Obergemach einzutreten und dort im Gebet zu verharren, auf die Stimme Gottes zu hören und sich von dem Heiligen Geist leiten zu lassen. Diese Lichtmomente sind die Zeiten der Reform, der geistlichen Erneuerung, des Aufbruchs, die aus dem Gebet heraus, von innen her, unsere Kirche immer wieder neu gestaltet haben. Diese Zeiten sind nicht vorbei. Gott ist treu. Vielleicht erleben wir gerade eine solche Zeit.

Komm Heiliger Geist!

Amen Halleluja.