8. ARMUT

93. Um den wahren Reichtum zu erhalten,

um die Illusion der falschen Schätze

hinter dir zu lassen,

um Christus in großer Freiheit und

Freude nachzufolgen,

hast du dich entschieden,

die Armut liebend anzunehmen.

(…)

So bist du gerufen, durch das enge Tor, dessen Schwelle kein Reicher überschreiten kann, zu gehen, um in Fülle und ohne Ende einen wahren Schatz, ein ewiges Erbe zu besitzen. [1] Denn Gott hat die für die Welt Armen erwählt, um sie durch den Glauben reich und zu Erben des Königreichs zu machen, das er denen verheißen hat, die ihn lieben. [2] Dieser Blick der Hoffnung mache deinen Weg hell und froh, damit du nie vergisst, welche Weisheit dich führt. Der Herr erleuchte die Augen deines Herzens, damit du verstehst, zu welcher Hoffnung du durch ihn berufen bist, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt.

(...)

103. In der letzten Stufe des Osterns seiner Armut kannst du Christus nicht mehr nachfolgen: Er hat so sehr den letzten Platz eingenommen, dass ihm niemand diesen Platz je entreißen kann. Aber wende dich unablässig in liebender Stille dieser Selbstentleerung zu, dieser Erniedrigung, diesem Nichtswerden dessen, der sich für dich zum Sklaven, zur Sünde gemacht hat, er, das geopferte Lamm, verachtet und von den Menschen gemieden, Wurm und kein Mensch, wahrer Gott vom wahren Gott. [3][4] Geh diesen Weg und richte deine Augen auf Jesus, den Urheber deines Glaubens, der dich zur Vollendung führt und der statt der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen hat und abgestiegen ist in das Reich des Todes.

Diese Hinwendung deines Herzens erhellt dich und schenkt dir Leben und Halt. Und sie bereitet dich so zur äußersten Gabe, durch die auch du dich entäußern und erniedrigen und von allem entleeren wirst: im Ostern deines letzten Todes. Erst an diesem Tag wirst du alles hingeben können. Doch nur, wenn du dich dazu bereitest. Gebe Gott, dass du nicht auf deinen Tod wartest um zu sterben!

So erweise der Tod in dir seine Macht und säe um dich herum das Leben. Du trägst in dir selbst deinen Todesspruch um zu lernen, dein Vertrauen nicht auf dich selbst, sondern auf Gott zu setzen, der die Toten zum Leben erweckt. Der Herr steht für immer den Armen zur Seite.

Reichlich gibt er den Armen, und seine Gerechtigkeit hat Bestand für immer. [5]

Geh diesen Weg der Armut.

Er wird dein Ostern sein.




[1] «Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit, und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng, und der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn.» (Mt 7,13-14)[2] « Hört, meine geliebten Brüder: Hat Gott nicht die Armen in der Welt auserwählt, um sie durch den Glauben reich und zu Erben des Königreichs zu machen, das er denen verheißen hat, die ihn lieben?» (Jak 2,5)[3] «Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.» (2 Kor 5,21)[4] «Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht.» (Jes 53,3)[5] «Wie es in der Schrift heißt: Reichlich gibt er den Armen; seine Gerechtigkeit hat Bestand für immer.» (2 Kor 9,9)