9. GEHORSAM

104. Das tiefste Urbild allen Gehorsams liegt im Geheimnis der Dreieinigkeit verborgen. Die Gemeinschaft zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist ist ein einziges Hinhören, liebende Offenheit und Hingabe. Aus dieser vollkommenen Abhängigkeit erwächst die höchste Freiheit; [1] aus der Achtung ihrer Vielfalt lebt die Gemeinschaft in Fülle. [2] Wenn du den letzen Sinn deines eigenen Gehorsams suchst, wende dich in liebender Stille dem dreieinen Gott zu.

Der Gehorsam ist keine menschliche Erfindung, sondern lebendiger Ausdruck des lebendigen Gottes. Er wird dir zu einem Weg, auf dem dich Gott weder in ein Verhältnis der Abhängigkeit noch der Unterwerfung und noch nicht einmal der Versöhnung führen will, sondern in eine Gemeinschaft in Freiheit und Liebe.

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110. Gott und Gott allein sollst du gehorchen .

Er ist dein einziger Meister, dein einziger Ratgeber, dein einziger Vater, dein einziger Herr. [3] Wenn du darum weißt, dass er, der allmächtige Gott, dich unendlich liebt, kannst du nichts Wunderbareres wählen als dem Plan seiner Liebe, der dir gilt, zu folgen und in allem seinen Willen zu tun. [4] So rufst du das Amen aus zur Verherrlichung Gottes. Ob es dir angenehm ist oder nicht, höre auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, und du wirst glücklich sein, weil du seinem Wort gehorsam warst .

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111. Sei auch deinen Brüdern und Schwestern gehorsam, denn gemeinsam mit ihnen bildest du den Leib Christi und den Tempel des Geistes. Der Wahrheit gehorsam habt ihr euer Herz rein gemacht, um euch aufrichtig wie Geschwister zu lieben. [5] Der Wille Gottes, der in eurer Mitte lebt, findet seinen Ausdruck in der Gemeinschaft des gegenseitigen Hinhörens. Sei mit deinen Brüdern und Schwestern in einer Liebe verbunden, seid einer Seele, eines Sinnes; und der Tempel, den ihr so auferbaut, wird Bestand haben, denn der Heilige Geist, der durch die Gemeinschaft, die zu ihm betet, spricht, hat ihn errichtet.

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112. Sei vor allem oder derjenigen gegenüber gehorsam, den oder die alle für den Dienst der Autorität frei bestimmt und anerkannt haben; denn in ihnen kommt das Wort der Gemeinschaft und der Wille Gottes selbst zum Ausdruck. Lass dich von deiner Gemeinschaft schätzen, und beuge dich vor dem, der sie leitet. Die offene Verfügbarkeit deines Herzens lässt in ihm, in ihr die Gnade Gottes freiwerden. Gegenüber deinem Prior oder deiner Priorin sei in allem wirklich gehorsam und offen.

Ein echtes Miteinander im Glauben und in der Liebe wird so zwischen dem, der dir dient, indem er dich anweist, und dir, der du dienst, indem du ihm gehorsam bist, entstehen. Sei darum bereit, selbst die unbedeutendsten Dinge im Licht dieses Gehorsams zu tun. [6]

In diesem Anspruch der Heiligkeit wirst du die Freiheit und den Frieden des Herzens finden, die reife Freude eines Herzens, das sich vertrauend schenkt. (...)




[1]«Und er, der mich gesandt hat, ist bei mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich immer das tue, was ihm gefällt .» (Joh 8,29)[2]«Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.» (Joh 14,24)[3] «Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es.» (Joh 13,13)[4] «Ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.» (Eph 4,6)[5] «Der Wahrheit gehorsam, habt ihr euer Herz rein gemacht für eine aufrichtige Bruderliebe; darum hört nicht auf, einander von Herzen zu lieben.» (1 Petr 1, 22)[6] «Wir bitten euch, Brüder: Erkennt die unter euch an, die sich solche Mühe geben, euch im Namen des Herrn zu leiten und zum Rechten anzuhalten. Achtet sie hoch, und liebt sie wegen ihres Wirkens! Haltet Frieden untereinander!.» (1 Thess 5, 12-13)