1. ADVENTSSONNTAG B






Seid wachsam! | Mk 13,37

+ Aus dem Evangelium nach Markus (13,33-37)

In jener Zeit, sprach Jesus zu seinen Jüngern:

33Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.

34Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein.

35Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen.

36Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen.

37Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!

Predigt (Pfr. Rainer Schnettker)

[AUSZUG - ab ca. der Hälfte]

Was erwarte ich noch? Auf wen warte ich … zu welcher Tagwache, zu welcher Stunde meines Lebens? Viele Fragen, die davon ausgehen: kommt Gott überhaupt noch? Das, was wir draußen in den Straßen hören, dass dieser Gott seit 2000 Jahren auf sich warten lässt und sich nichts verändert. eher das Unheil steigt, Menschen unfriedlich miteinander leben, dass Heil und Erlösung auf sich warten lässt. Das, Schwestern und Brüder, müssen wir uns sicherlich zum einen auf der Zunge zergehen lassen, vielleicht auch in der Form, dass wir in all diesen Anfragen zunächst erst einmal zu uns kommen müssen. Ich muss erst einmal zu mir kommen. Vielleicht ist das die adventliche Einladung auch heute, wenn es darum geht, wachsam zu sein und erwartungsvoll.

Vielleicht ist das gar nicht so, dass ich derjenige bin der auf Gott wartet, sondern dass Gott schon längst auf mich wartet, vielleicht müssen wir im guten Sinne den Advent, die adventliche Erwartung einmal umdrehen und an mich richten.

Der gute alte Mystiker und Dominikaner Meister Eckhart aus dem frühen 14. Jh. hilft uns dabei vielleicht ein wenig: Wenn er in einer seiner Predigt sagt: Denn wer kommen will in Gottes Grund, in dessen Innerstes, der muss zuvor in seinen eigenen Grund in sein Innerstes kommen. Denn niemand kann Gott erkennen, der nicht zuvor sich selbst erkennen müsste.

Gott erwartet so gesehen gar nicht so viel von mir. Sondern er will, er lädt ein, dass ich selbst werde, dass ich mich selbst erkenne, eben auch mit alle meinen Macken und meinen Fehlern meinen Begrenztheiten. Und dass ich so plötzlich erwartungsfroh auf diesen Gott mich werfe der mich so nimmt, wie ich zunächst einmal bin. Der mir seine Hand entgegenstreckt. Dieser Gott der kommen will, um mein Innerstes im Guten sinne in Besitz zu nehmen, dieser Gott, der kommen will, um mich in meinem Innersten zunächst heil zu machen. So gesehen, Schwestern und Brüder, kann der Advent uns auch etwas entspannen, aus dem Druck der Erwartung, wann denn Gott nun kommt. Es kann dazu führen, dass ich selber mich auf meinen Weg mache, meinen Weg reflektiere, mich auf meinem Weg anschaue wie ich bin und wo ich bin, um dann so einen Platz für Gott zu bereiten.

Dieser Meister Eckhart, der so ein Verfechter von Gottes Vertrauenswürdigkeit war, in dieser Sehnsucht Gottes nach uns, nach mir. Wenn Gott dich und mich bereit findet für die Begegnung mit ihm wird er kommen, ja er muss kommen, du brauchst Gott weder hier noch dort zu suchen. Er ist nicht ferner, als vor der Tür deines eigenen Herzens. Da steht er und harrt und wartet, wen er bereit finde, dass er ihm auftue und einlasse. Du musst ihn nicht von weither herbeirufen. Er kann es weniger erwarten als du, dass du ihm auftust. Schwestern und Brüder, so dürfen wir uns in dieser Form der Wachsamkeit meines eigenen Lebens, meines eigenen Ichs hineinbegeben in die Zeit des Adventes. In der Hoffnung, in der glaubenden Zuversicht, im gläubigen Wissen, dass er doch schon längst da ist und dass er sich freut, wenn ich ihm die Herzenstür öffne. Und diese Herzenstür, die wir dann öffnen für den, der uns begegnet, erwartend, freudig, sehnsüchtig mitten in meinem Leben, mitten in diese Zeit, in die wir gestellt sind. Öffnen wir ihm die Tore unserer Herzen in dieser Zeit des Adventes. Verschließen wir uns nicht seinem Warten, dass wir zu ihm kommen. Amen.