25. Sonntag im Jahreskreis A

Geht auch ihr in meinen Weinberg. | Mt 20,8

+ Aus dem Evangelium nach Matthäus (20,1-16)

In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:

1Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen hinausging, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. 2Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denár für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. 3Um die dritte Stunde ging er wieder hinaus und sah andere auf dem Markt stehen, die keine Arbeit hatten. 4Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. 5Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder hinaus und machte es ebenso. 6Als er um die elfte Stunde noch einmal hinausging, traf er wieder einige, die dort standen. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig? 7Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! 8Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den Letzten, bis hin zu den Ersten! 9Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denár. 10Als dann die Ersten kamen, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten einen Denár. 11Als sie ihn erhielten, murrten sie über den Gutsherrn 12und sagten: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und du hast sie uns gleichgestellt. Wir aber haben die Last des Tages und die Hitze ertragen. 13Da erwiderte er einem von ihnen: Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denár mit mir vereinbart? 14Nimm dein Geld und geh! Ich will dem Letzten ebenso viel geben wie dir. 15Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin? 16So werden die Letzten Erste sein und die Ersten Letzte.

Predigt (Br. Jean-Tristan FMJ)

Sucht den Herrn, er lässt sich finden, mit diesen Worten beginnt die erste Lesung aus dem Buch Jesaja.

Der Prophet lädt den Übeltäter ein, zum Herrn umzukehrendamit Gott Erbarmen mit ihm hat.

Denn für Jesaja, und auch für uns, die den Sinn für Gerechtigkeit haben, ist es klar, dass es der Beleidiger ist, der den ersten Schritt machen soll, um von dem Beleidigten Verzeihung zu bekommen. Er soll zuerst um Vergebung bitten, damit der Beleidigte ihm vergibt. Dieser sehr menschlichen Logik gegenüber antwortet Gott mit grandiosen Worten:

Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken…So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.

Die Logik Gottes ist anders. Sie überwindet unsere kleine menschliche Logik. Die unendliche Barmherzigkeit Gottes kann von nichts beschränkt werden.

Sie ist bedingungslos und bevor wir zum Herrn umkehren, hat er uns schon vergeben.

Das wird uns im heutigen Evangelium geoffenbart. Das heutige Gleichnis lässt uns in die Logik des Himmelreiches eintreten, die nicht unsere menschliche Logik ist, die sie sogar ganz und gar überwindet. Es offenbart uns, dass es nicht zunächst der Mensch ist, der Gott sucht. Es ist vor allem Gott, der den Menschen sucht.

Der Gutsbesitzer geht früh am Morgen hinaus, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben.

Dann geht er wieder auf den Markt, um die dritte Stunde, wiederum um die sechste, um die neunte und schließlich um die elfte. Unaufhörlich verlässt er sein Haus, um auf den Markt zu gehen, um den verlorenen Menschen zu suchen.

Das ist die Logik des guten Hirten, der seine Herde in der Steppe zurücklässt, um das verlorene Schaf zu suchen.

Das ist die Logik des Vaters im Gleichnis des verlorenen Sohnes, der ständig am Horizont schaut, in der Hoffnung, dass sein Sohn zurückkommt.

Gott sucht den Menschen. Aber weiß der Mensch, dass er von Gott gesucht wird? Es gibt zwei Arten und Weisen, diesen Gott, der nach uns sucht, zu ignorieren.

Die erste Art und Weise ist die der Arbeiter der elften Stunde. Der Dialog zwischen diesen und dem Gutsbesitzer bringt es zum Ausdruck.

Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig? fragt er. Und diese antworten; Niemand hat uns angeworben.

Woher weiß der Gutsbesitzer, dass diese den ganzen Tag hier herumgestanden sind?

Ist es nicht, weil er sie jedes Mal gesehen hat, als er auf den Markt gegangen ist.

Er hat sie wie die anderen gerufen, aber sie haben seine Stimme nicht gehört, sie haben ihn gar nicht gesehen. Das war nicht ihre Stunde.

Ihr Herz war nicht bereit, den Ruf zu hören, vielleicht weil sie ihre eigene Not noch nicht wahrgenommen hatten.

Ihre Blindheit und Taubheit haben den Gutsbesitzer nicht entmutigt.

Unaufhörlich hat er sie weitergerufen. Bis ihr Herz sich endlich öffnet. Denn dieser Gutsbesitzer ist gut und langmütig.

Die zweite Art und Weise diesen Gott, der nach dem Menschen sucht, zu ignorieren, ist ihn in unsere enge menschliche Logik einzuschränken.

Das ist die Versuchung der Arbeiter der ersten Stunde. Diese Versuchung ist subtiler und dadurch gefährlicher als die vorige.

Während die Arbeiter der elften Stunde den Gutsbesitzer fast den ganzen Tag übersehen haben, sehen diese ihn, aber mit „bösem Auge“ so Jesus.

Sie murren über ihn, heißt es. Mit bösen Augen blicken sie auf ihre Arbeit.

Wir haben die Last des Tages und die Hitze ertragen, beklagen sie sich. Mit bösen Augen blicken sie auf ihren Lohn.

Am Anfang des Tages hatten sie sich mit dem Gutsherrn auf einen Denar für den Tag geeinigt. Nun finden sie ihn ungenügend.

Letztendlich blicken sie mit bösen und neidischen Augen auf die anderen: Mit Bitterkeit sagen sie: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt.

Man denkt an das Wort Jesu.

Das Auge gibt dem Körper Licht. Wenn dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer Körper hell sein.

Wenn aber dein Auge krank ist, dann wird dein ganzer Körper finster sein.

Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein! (Mt 6, 22-23)

Sie sind wie der älteste Sohn des Gleichnisses vom verlorenen Sohn, der sich weigert, an dem vom Vater zur Rückkehr seines Sohnes organisierten Fest mitzufeiern.

Sie weigern sich, an der Freude ihres Herrn teilzunehmen! (Mt 25, 21),

An dieser Freude, die im Himmel herrscht, über einen einzigen Sünder, der umkehrt. (Lk 15,7)

Ein Gott, der den Menschen sucht. Und ein Mensch, der Gott zu ignorieren scheint.

Können die Beiden sich treffen?

Wer sich diese Frage stellt, bleibt vielleicht noch in seiner menschlichen Logik und vertraut der Macht der Liebe Gottes nicht.

Glauben wir wirklich, dass Gott gütig und langmütig ist?

Für Gott ist es nie zu spät. Jeder von uns hat seine Stunde.

Die Stunde, wo das Herz endlich bereit ist, sich der Gnade zu öffnen.

Für Paulus fand diese Stunde auf dem Weg nach Damaskus statt.

Dort ist Saulus, der eifrige Arbeiter der ersten Stunde im Weinberg Israels, zum Arbeiter der elften Stunde im Weinberg Christi geworden.

Für den guten Schächer war die Stunde am Kreuz.

Wir kennen unsere Stunde nicht. Es kann die dritte, die sechste oder die elfte sein. Aber der Herr kennt sie.

Wenn die Stunde, unsere Stunde, da sein wird, wird der Herr da sein, auf dem Platz unseres Lebens und rufen:

Geh in meinen Weinberg

Selig werden wir, wenn wir seine Stimme hören und danach handeln,

Wir werden an der Freude unseres Herrn teilnehmen.

Amen.